Berlin: Abgeordnete für langes Bahnhofsdach
Bundestagsausschuss mit Auskünften des Bahn-Vorstands nicht zufrieden
Ginge es nach der Mehrheit der Bundestagsabgeordneten im Verkehrsausschuss, müsste die Bahn das gläserne Dach am Hauptbahnhof verlängern und wohl auch die umstrittene Flachdecke im Untergeschosses auswechseln. Auch Fragen nach einem möglichen Regress musste sich Wolf-Dieter Siebert, Vorstandschef von Station & Service bei der Bahn AG, auf der gestrigen Ausschusssitzung gefallen lassen. Jetzt soll Bahnchef Hartmut Mehdorn selbst Auskunft geben – vor dem Haushaltsausschuss des Bundestages. Zwingen können die Abgeordneten die Bahn aber nicht, das von ihr verkürzte Dach auf die ursprünglich geplante Länge zu bringen.
Gestern wollten der mächtige Haushalts- und der Verkehrsaussschuss auf einer gemeinsamen Sitzung Mehdorn befragen. Doch Mehdorn hatte einen anderen Termin im Ausland; der Haushaltsausschuss verzichtete deshalb auf die Fragerunde, und im Verkehrsausschuss erschien als Vertreter der Bahn Wolf-Dieter Siebert.
Die Abgeordneten wollten unter anderem wissen, warum die Bahn erst den aufwändigen Entwurf des Architekturbüros von Gerkan, Marg und Partner akzeptiert und nachträglich dann doch geändert habe. Siebert erwiderte, die Planung sei lange vor Mehdorns und seiner Amtszeit bei der Bahn auf den Weg gebracht worden. Erst sie hätten dann die Kostenbremse gezogen; das Dach verkürzt und die von Gerkan geplante Gewölbedecke im Untergeschoss durch eine billigere Flachdecke ersetzt. Beim kurzen Dach hat die Bahn nach eigenen Angaben am Ende allerdings „nur“ rund zehn Millionen Euro gespart – bei einem Projekt, das mehr als eine Milliarde Euro gekostet hat.
Das kurze Dach sei peinlich und kundenfeindlich, erklärten Winfried Hermann und Peter Hettlich (Grüne) nach der nichtöffentlichen Sitzung des Ausschusses. Im „größten, schönsten und teuersten Bahnhof der Welt“ müssten Kunden nun im Regen stehen. Das Dach müsste schleunigst verlängert werden.
Nicht zufrieden mit den Angaben Sieberts bei der Frage, ob das Dach nachträglich verlängert werden könnte, was die Bahn bisher ablehnt, war auch der CDU-Abgeordnete Ingo Schmitt. „Vieles ist noch nicht aufgeklärt“, sagte er. Der Ausschuss werde sich weiter mit dem Hauptbahnhof beschäftigen.
Dagegen verteidigte Uwe Beckmeyer (SPD) den heutigen Bahnvorstand. Es sei politisch unredlich, die Verantwortung für die Kostensteigerungen und die Bauzeitverzögerungen dem derzeitigen Bahnvorstand zuschieben zu wollen, erklärte Beckmeyer. Die SPD-Verkehrspolitiker hätten großes Verständnis für die Sparentscheidungen Mehdorns. Die SPD unterstütze aber die Bemühungen, zu einer einvernehmlichen Lösung mit dem Architekten bei der Flachdecke und dem Glasdach zu kommen.
Bahnsprecher Volker Knauer warf den Kritikern vor, einen Teil der Realität komplett auszublenden. Ohne Änderung der Pläne wäre der Hauptbahnhof nicht zur Fußball-Weltmeisterschaft fertig geworden.