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Zur Hausbesetzung kamen auch viele Unterstützer in die Habersaathstraße 40-48 in Mitte.

© Thomas Loy

Aktivisten sprechen von „historischem Erfolg“: Obdachlose besetzen Haus in Berlin – und dürfen dort vorerst wohnen

Die Besetzer der Habersaathstraße in Mitte haben das Haus wieder verlassen. Sie sollen künftig regulär dort wohnen können – solange der Eigentümer das duldet.

Nach der Besetzung eines Hauses in Berlin-Mitte zeichnet sich für die Obdachlosen, die daran beteiligt waren, eine gütliche Lösung ab. Nach Angaben von Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) gebe es eine "Vereinbarung" mit dem Eigentümer, nach der die Obdachlosen vorübergehend in dem Haus wohnen können. Sie sollen nach dem Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) vom Bezirk dort eingewiesen werden. 

Die Aktivisten, die am Samstag zusammen mit Obdachlosen das Haus besetzt hatten, sprachen von einem "historischen Erfolg". Durch die Einigung mit dem Bezirk sei ein Präzedenzfall geschaffen worden. "Der kriminelle, spekulative Leerstand in der Habersaathstraße wurde endlich beendet."

Von Dassel spricht dagegen von einer temporären Lösung, um eine Räumung des Hauses durch die Polizei zu verhindern. Voraussetzung sei gewesen, dass die Besetzer das Haus freiwillig wieder verlassen.

Am Samstagmittag hatten rund 30 Aktivisten aus verschiedenen wohnungspolitischen Initiativen den Plattenbau in der Habersaathstraße gegenüber der BND-Zentrale besetzt. Vor dem Haus demonstrierten zugleich rund 150 Unterstützer. Die Polizei sperrte das Haus und zeitweise auch die Straße ab, ließ die Besetzer aber gewähren, weil der Eigentümer zunächst keinen Räumungstitel erwirkte.

Bezirk und Eigentümer streiten seit Jahren über Abriss

Bei dem Eigentümer handelt es sich um die Arcadia Estates, die sich seit Jahren mit dem Bezirk über den geplanten Abriss des Wohnriegels in bester Zentrumslage streitet. Der Bezirk möchte die 106 preisgünstigen Mietwohnungen (rund acht Euro pro Quadratmeter Kaltmiete) erhalten, Arcadia Estates plant dagegen neue hochwertige Wohnungen zu bauen.

Eine der besetzten Wohnungen im Plattenbau.
Eine der besetzten Wohnungen im Plattenbau.

© Thomas Loy

Der Streitfall beschäftigt inzwischen das Oberverwaltungsgericht. Die Ein- und Zweizimmerwohnungen stehen größtenteils leer, viele Mieter hatten sich mit größeren Geldbeträgen zum Auszug bewegen lassen. 

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Laut von Dassel werde das Sozialamt ab Montag prüfen, wer von den Besetzern wirklich obdachlos ist. Danach könnten sie regulär eingewiesen werden. Mit dem Eigentümer sei aber abgesprochen, dass es nur um Obdachlose gehen, die an der Besetzungsaktion beteiligt waren. Rein rechtlich habe der Bezirk keine Handhabe, die Einweisung durchzusetzen.

Der Grundkonflikt mit dem Eigentümer sei damit auch nicht gelöst, ergänzte von Dassel. Als Kompromisslösung hatte Arcadia Estates angeboten, einen größeren Anteil an preisgünstigen Wohnraum zu errichten. Darauf ist der Bezirk bislang nicht eingegangen. "Ich bin absolut gegen einen Abriss", sagte von Dassel. 

Die Besetzer gehen davon aus, dass mindestens 40 Obdachlose dort einziehen können. Dem Bezirksbürgermeister sei bereits eine vorläufige Liste übergeben worden. "Die Freude war enorm gestern", sagte die Sprecherin der Aktivisten, Valentina Hauser. Es gebe großen gesellschaftlichen Rückhalt für das Anliegen der Obdachlosen. Dem könne sich auch der Eigentümer nicht dauerhaft entziehen. "Seit zehn Jahren wird das Haus entmietet. steht größtenteils leer. Jetzt ist endlich ein konkreter Umgang für das Haus gefunden worden. Das könnte auch eine Idee für andere Bezirke sein", sagte Hauser. 

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