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Standhaft.Am Kollwitzplatz könnte künftig noch mehr Markttreiben herrschen.

© Imago

Anwohner kontra Handel in Prenzlauer Berg: Am Kollwitzplatz droht neuer Ärger um Wochenmarkt

Einst musste der Wochenmarkt am Kollwitzplatz verlagert werden, weil Anwohner geklagt hatten. Ginge es nach Geschäftsleuten aus dem Kiez, sollen die Stände zurückkehren. Doch der Bezirk hat so seine Bedenken.

Von Fatina Keilani

In Prenzlauer Berg bahnt sich wieder Streit ums Markttreiben am Kollwitzplatz an. Denn außer dem Wochenmarkt könnte es im kommenden Jahr einen zusätzlichen auf der Wörther Straße geben – wenn es nach einigen Gewerbetreibenden ginge. Sie planen 30 neue Stände in einheitlichem Aussehen, an denen es ausschließlich regionale Produkte zu kaufen gibt. Es soll dafür auch mit der Kreuzberger Markthalle Neun zusammengearbeitet werden.

Allerdings gibt es schon lange Streit um die Wörther Straße, unter dem auch die Initiatoren des neues Projekts leiden: Andreas Langholz und Volker Rüger betreiben den Kochutensilienladen „Coledampf’s“ an der Straße, der weniger Kunden hat, nachdem vor einiger Zeit der übliche Markt verlegt wurde. Seit der Sonnabendmarkt nur noch auf der Kollwitzstraße stattfindet, strömen die Menschen nicht mehr automatisch an ihrem Laden vorbei. Das wollen sie mit ihrem Vorhaben ändern. Nach ihren Angaben sind auch 95 Prozent der Anwohner dafür.

Der zuständige Stadtrat Torsten Kühne hält das Vorhaben allerdings nicht für genehmigungsfähig. Denn die wenigen Gegner sind äußerst hartleibig. In jahrelangen Prozessen hatte eine Anwohnerin, deren Balkon quasi einen Logenplatz über dem früheren Marktgeschehen bot, den Markt dort weggeklagt. Vor Klagen hat Kühne offenbar so viel Angst, dass er am Status quo nicht rühren will. „Wir sind vom Verwaltungsgericht verpflichtet worden, den Markt ausschließlich auf der Kollwitzstraße stattfinden zu lassen“, sagt Kühne. Liest man in den Gerichtsbeschlüssen nach, lässt sich darüber zumindest streiten.

Vor dem Verwaltungsgericht kam es im Oktober 2011 zu einem Vergleich. Das Bezirksamt verpflichtete sich darin, bestimmte Punkte einzuhalten, die das Oberverwaltungsgericht in einem Beschluss vom Dezember 2010 festgelegt hatte. Dabei geht es um Aufbauzeiten, Abstandsflächen, Lärm- und Brandschutz. Lediglich aus dem Verhandlungsprotokoll des Verwaltungsgerichts geht hervor, dass der Bezirk in der Verhandlung erklärte, ab Januar 2012 werde der Markt ausschließlich auf der Kollwitzstraße stattfinden, und zwar dauerhaft. In der eigentlichen Vergleichsvereinbarung taucht der Passus aber nicht auf. Nun kann man streiten, ob dies Teil des Vergleichs geworden ist oder nicht.

Nase voll von Prozessen

Kühne jedenfalls sieht es so. Er hat die Nase voll von den vielen Prozessen. Im Jahr 2012 musste der Markt wegen der Straßensanierung temporär doch wieder an den alten Standort in der Wörther Straße verlegt werden. Im Sommer 2014 waren die Bauarbeiten so gut wie beendet, und schon traf das erste Schreiben der früheren Klägerin mit der Aufforderung ein, den Markt zurückzuverlegen. „Das sichtbare Ende der Bauarbeiten bedeutete aber nicht das tatsächliche Ende der Bauarbeiten“, sagt Kühne. Das habe er in seiner Antwort auch mitgeteilt. Es fehlte die Bauabnahme. Trotzdem reichte die Frau beim Verwaltungsgericht sofort einen Antrag auf Verwaltungsvollstreckung aus dem Vergleich ein. Mittlerweile ist der Markt wieder zurück auf der Kollwitzstraße. Alle hoffen, dass es nun keinen Ärger mehr gibt.

„Der Kollwitzmarkt ist ein gutes Beispiel dafür, wie erstens durch einzelne Bürger mit ihren Partikularinteressen eine ganze Verwaltung über Jahre hinweg stark in Anspruch genommen wird und zweitens einzelne Bürger ihre Partikularinteressen gegen den ausdrücklichen Wunsch einer übergroßen Mehrheit von Bürgerinnen und Bürgern und deren parlamentarischer Vertretung durchsetzen wollen“, bilanziert Kühne. Denn die BVV war einstimmig dafür, den Markt wieder in die Wörther Straße zu verlegen. Einstimmigkeit ist auch in Pankow selten. Doch gegen den Vergleich wollte man auch nicht verstoßen, also beugt sich der Bezirk zähneknirschend dem Diktat der Wenigen. Die Klägerin will übrigens wegziehen.

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