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Berlin: Angst vor einem abgeschraubten Gasstopfen

BERLIN .Das schwere Gasunglück an der Lepsiusstraße in Steglitz hat das Vertrauen vieler Berliner in die moderne Erdgasversorgung offenbar erschüttert.

BERLIN .Das schwere Gasunglück an der Lepsiusstraße in Steglitz hat das Vertrauen vieler Berliner in die moderne Erdgasversorgung offenbar erschüttert.Gasinstallateure werden von ihrer Kunden mit Fragen zur Sicherheit der Hausanschlüsse bestürmt und häufiger als bisher zu vorsorglichen Kontrollen gerufen.Das bestätigen etliche Firmen auf Anfrage.

"Die Leute sind sensibler geworden, sie holen uns beim geringsten Verdacht auf eine Panne", heißt es.Diskutiert wird unterdessen, ob Gasinstallationen gegen Manipulationen besser gesichert werden sollten.Wie berichtet, gehen die Ermittler inzwischen davon aus, daß an der Lepsiusstraße ein Gasstutzen im Keller mutwillig geöffnet wurde.Dieser sogenannte Prüfstutzen befindet sich im Keller eines jeden gasversorgten Hauses und dient zur Fehlersuche im Rohrsystem.Die Installateure schrauben seine Verschlußkappe ab, schließen ein Meßgerät an und können damit orten, ob der Gasdruck innerhalb des Gebäudes oder außerhalb in den zuführenden Rohren abgefallen ist.Diese Kontrolle ließe sich nach Auskunft von Experten auch anders bewerkstelligen.Denkbar wäre ein unauffälligerer Ansatzpunkt für das Meßgerät ohne Verschraubungen.Solche Umbauten sind jedoch aufwendig und kostspielig, gibt Gasag-Hauptabteilungsleiter Herbert Bayer zu bedenken.Er ist zuständig für alle Hausanschlüsse in Berlin, beschreibt den Prüfstutzen als "bewährte Technik" und stellt die Frage, ob ein tragischer Einzelfall solche Änderungen rechtfertige.Ähnlich sieht das der "Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches" (DVGW) in Bonn.Er gibt Sicherheitsregeln für seine Branche heraus und ist mit der Debatte über böswille Eingriffe seit langem vertraut.Überlegt wird beispielsweise, alle Flanschen und Muttern so ungewöhnlich zu gestalten, daß Spezialwerkzeuge nötig sind, um sie zu lockern.Mit üblichen Rohrzangen wäre dann nichts mehr zu erreichen.

Doch auch dieser Aufwand hätte nach Einschätzung des Vereins einen fragwürdigen Nutzen, "weil das Gassystem zu verletzlich ist".Wer Unheil anstrebe, habe vielfältige Möglichkeiten."Wie wollen Sie verhindern, daß er zum Bohrer greift oder an Wohnungszählern manipuliert?"

Mit einem Blick auf ihre Statistik warnt die Gasag jedoch vor Panikmache.Immerhin gebe es in der Stadt rund 130 000 Hausanschlüsse und 800 000 Gaskunden, angesichts dessen sei die Zahl der Unfälle äußerst gering."Das spricht für die hohe Sicherheit", sagt Hauptabteilungschef Herbert Bayer und verweist auf eine wichtige Vorsorgeregelungen.So wird dem Erdgas ein Duftstoff beigemischt, der schon äußerst geringfügig verdünnt einen Gasgeruch verbreitet.Dieses Signal soll Bewohner rechtzeitig alarmieren.An der Lepsiusstraße nutzte es nichts, weil das Gas dort offenbar schnell und in großer Menge entwich.Es hatte sich bereits ein Explosivgemisch im Keller gebildet, bevor der Gestank nach oben zog.

Die Gasag hat gestern an Hausbesitzer appelliert, ihre Gasanlagen alle zehn bis zwölf Jahre prüfen zu lassen.Alljährlich sollte eine Sichtcheck vorgenommen werden.Eine Verpflichtung gibt es allerdings nicht.

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