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Ein Schild am Amtsgericht Tiergarten (Symbolbild).

© dpa/Jens Kalaene

Update

Angriff auf Journalist in Berliner Gerichtsgebäude: Neffe von Clanchef Mahmoud El-Zein zu Haftstrafe verurteilt

„Spiegel-TV“-Reporter Thomas Heise berichtete über einen Prozess am Berliner Verwaltungsgericht. Es ging um das Einreiseverbot gegen bekannten Clan-Oberhauptes. Dann schlug dessen Neffe plötzlich zu.

Stand:

Ein Mitglied des bekannten Berliner El-Zein-Clans ist nach einem Schlag gegen einen Journalisten in einem Berliner Gerichtsgebäude zu zehn Monaten Haft verurteilt worden. Das Amtsgericht Tiergarten sprach den 42-Jährigen der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig.

Eine Bewährungsstrafe komme für den vielfach vorbestraften Angeklagten nicht in Betracht. Ihm habe die Berichterstattung nicht gepasst. „Letztlich war es ein Angriff auf die Pressefreiheit“, sagte die Vorsitzende Richterin Andrea Wilms.

Der Tat ereignete sich am 17. Dezember 2024. Der Tatort: ein Flur im Berliner Verwaltungsgerichts. Der „Spiegel-TV“-Reporter Thomas Heise wollte über eine Verhandlung und einen Mann berichten, wie schon so oft in den vergangenen Jahrzehnten. Es ging um Mahmoud El-Zein: Der mehrfach vorbestrafte Mann war mal eine Größe in der Berliner Unterwelt und Oberhaupt einer der einflussreichsten arabischstämmigen Familien in Deutschland. Bekannt wurde er als „Pate von Berlin“ oder „El Presidente“.

Die Clan-Größe Mahmoud Al-Zein im Jahr 2018.

© Getty Images

Der arabischstämmige Türke gilt gewissermaßen der Urvater der Clankriminalität in Berlin, hatte in der Unterwelt großen Einfluss und Macht. Er steht zugleich für das jahrzehntelange Versagen der Behörden im Umgang mit kriminellen Clanmitgliedern. Am Verwaltungsgericht ging er gegen ein gegen ihn verhängtes Einreise- und Aufenthaltsverbot vor. Anfang 2021 hatte er Deutschland verlassen und war vom Flughafen BER aus in die Türkei geflogen. Er war damit seiner Abschiebung zuvorgekommen.

Obwohl der „Pate“ einen Sieg errungen hat und im Sommer wieder nach Deutschland zurückkehren könnte, fühlten sich seine Verwandten davon provoziert, dass Thomas Heise über die Verhandlung berichten wollte. Ein halbes Dutzend Männer der Großfamilie war zum Gerichtstermin gekommen.

Danach filmte Heise auf dem Gerichtsflur und stellte den Clan-Männern Fragen. Dann ging der wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Drogenhandel vorbestrafte und knasterfahrene 42-jährige Neffe aus der Großfamilie des Clanchefs vor dem Gerichtssaal plötzlich zu Heise und schlug ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Durch den Schlag erlitt er ein Hämatom am linken Auge, Kopfschmerzen und ein Schädel-Hirn-Trauma.

Gericht glaubt nicht an ein strafloses Leben des Clan-Mannes

Der „Spiegel“ hatte über den Angriff berichtet, die Redaktion teilte im Dezember mit, auf eine Beschwerde an das Gericht zu verzichten. Der Journalist habe Anzeige gegen den Angreifer erstattet.

Der Angeklagte hatte gestanden. Er und weitere Familienmitglieder hätten ungestört reden wollen. Als er sich umdrehte und den Reporter sah, sei es „im Reflex“ zu dem Schlag gekommen, weil er sich gestört gefühlt habe. Es tue ihm leid, er bitte um Entschuldigung. Heise nahm die Entschuldigung nicht an.

Die Richterin folgte mit dem Urteil dem Antrag des Staatsanwalts. Er hatte in seinem Plädoyer erklärt, es handele sich um einen Angriff auf einen Pressevertreter in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit. Der 42-Jährige habe versucht, die Berichterstattung zu unterdrücken, sein Motiv sei verwerflich. Es sei „in die Szene zu senden, dass der Rechtsstaat empfindlich reagiert“.

Für die Vorsitzende Richterin war eine Bewährungsstrafe auch nicht möglich, weil „eine positive Legalprognose, also die Erwartung, dass er auch ohne die Vollstreckung der Freiheitsstrafe künftig ein strafloses Leben führen werde“, nicht vorliege.

Der Verteidiger stellte keinen konkreten Antrag. Sein Mandant habe einen Fehler gemacht und bitte um ein mildes Urteil, so der Anwalt. Der 42-Jährige kündigte bereits Berufung gegen die Entscheidung an. (mit dpa)

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