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 Professionelle „Serviceunternehmen“ besorgen Strohmänner aus Osteuropa. Ein Film zeigt, wie die Rekrutierung funktioniert, wer daran verdient und zu welchen kriminellen Zwecken die Strohleute missbraucht werden.

© rbb/Adrian Bartocha/Jan Wiese

Auch Obdachlose und Suchtkranke: Organisierte Kriminalität missbraucht Osteuropäer als Strohmänner

Um die wahren Hintermänner zu verschleiern, nutzen Unternehmen der Organisierten Kriminalität Tausende Menschen, die sie als Scheingeschäftsführer oder -gesellschafter einsetzt. Das System boomt.

Stand:

Tausende ahnungslose Menschen dienen Unternehmen der Organisierten Kriminalität in ganz Deutschland als Scheingeschäftsführer oder -gesellschafter. Das bestätigten Ermittler des Zollkriminalamts (ZKA) dem rbb.

Diese sogenannten Strohmänner – oft Obdachlose und Suchtkranke aus Osteuropa – werden für illegale Geschäfte missbraucht, um die Verantwortung krimineller Hintermänner zu verschleiern. Mit komplexen Firmennetzwerken begehen die Kriminellen schwere Straftaten wie Geldwäsche, Schmuggel, Sozialversicherungsbetrug und millionenschweren Steuerbetrug.

Der Gesamtschaden für den deutschen Staat wird auf einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag jährlich geschätzt. In den vergangenen Jahren hat sich laut Ralf Simon vom ZKA ein professioneller „Markt“ für die Vermittlung von Strohleuten etabliert, an dem auch Notare und Wirtschaftsberater beteiligt sind. Alle relevanten kriminellen Organisationen in Deutschland würden auf Strohmänner zurückgreifen, deren Einsatz seit Jahren zunehme. Die Ermittler seien „fast täglich“ mit dem Phänomen konfrontiert. Sie sprechen diesbezüglich von einer „Unterminierung“ der Gesellschaft.

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Annegret Ritter-Victor, EU-Staatsanwältin und Berliner Vertreterin der seit Juni 2021 tätigen Europäischen Staatsanwaltschaft (EUSTA), warnt im Interview mit dem rbb vor den gesellschaftszersetzenden Auswirkungen der Wirtschaftskriminalität in diesem Ausmaß. Aus europaweiten Betrugsverfahren, bei denen es um Steuerhinterziehung im dreistelligen Millionenbereich geht, ist ihr der Einsatz von Strohmännern bekannt.

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Der Europäische Staatsanwalt Tobias Lübbert betont, dass der Einsatz von Strohleuten die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats gefährdet. Wenn Geschäfte vollständig konstruiert und alle Unterlagen gefälscht seien, werde das Vertrauen in den allgemeinen Geschäftsverkehr untergraben. Lübbert warnt, dass dies ganze Branchen stark beeinträchtigen könne.

Die Europäische Staatsanwaltschaft sieht in der Wirtschaftskriminalität dieser Größenordnung eine Gefahr für die Gesellschaft und den Rechtsstaat. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Florian Köbler, fordert angesichts der Recherchen eine bessere Ausstattung der Steuerfahndungen, um dem systematischen Steuerbetrug entgegenzuwirken.

„Während systematischer Steuerbetrug jährlich Milliardenschäden verursacht, bleiben Steuerfahndungsstellen chronisch unterbesetzt“, kritisiert Köbler. „Dabei bringt jeder Steuerfahnder dem Staat durchschnittlich über eine Million Euro ein. Es ist höchste Zeit, in Personal und IT zu investieren.“

Die ARD zeigt zum Thema am heutigen Dienstag (30.07.2024) um 22.50 Uhr eine Dokumentation „Das Strohmann-Kartell. Dienstleister für die Mafia“. (Tsp)

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