Von Tag zu Tag: Auf Tuchfühlung
Andreas Conrad würde gerne mal wieder flaggenfrei sonnenbaden
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Im Sommer 1991 muss es gewesen sein, dass Schwarz, Rot, Gold als Farben der Liegewiesen plötzlich neue Bedeutung bekamen. Früher stand Schwarz für verbrannte Bratwürste, Rot für Haut ohne Sonnenmilch, Gold für die Sonne. Nun war die Farbsymbolik politisch geworden, erst auf den Straßen des schwarzrotgold beflaggten Protests gegen das DDR-Regime, dann bei den vielen Feiern nationalen Ranges. Anfangs gab es noch flaggenfreie Zonen, die Liegewiese des Freibads Plötzensee war so eine. Hier galt weiter das Triumvirat von Bratwurst, Sonnenmilch, Sonne, war Politik fern und Deutschland etwas für Sonntagsreden. Bis auch hier die erste Flagge auftauchte. Mehr ein Fähnchen, zur territorialen Markierung eines deutschen Badetuchs – aber auch unübersehbares Zeichen für das jähe Ende des schlichten Sonnenbadens ohne nationales Bekenntnis. Allerdings, dass aus dem zaghaft gehissten Wimpel einmal ein Fahnenmeer würde und das jahrzehntelang misstrauisch beäugte Politsymbol zum wichtigsten Requisit fußballerischer Spaßkultur – wer hätte das geahnt?
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