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Berlin: Aufgereiht wie die Bambuspfeifen

In Werder entsteht gerade eine Orgel für ein Konzerthaus in Taiwan Die Besteller wünschten sich eine besondere Klangfarbe.

Werder (Havel) - Es kann reißen, es kann splittern – Bambus ist kein leicht zu verarbeitendes Material. Gerade wenn man daraus Orgelpfeifen bauen will. Die Firma Alexander Schuke Orgelbau in Werder hat einen besonderen Auftrag aus Taiwan: Für ein Konzerthaus in der Stadt Pingtung wird derzeit eine Orgel gebaut. Eines der 45 Register soll mit Bambuspfeifen bestückt werden.

Schuke-Fachleute beschäftigen sich derzeit damit, wie man dreißig bis vierzig völlig unterschiedliche Orgelpfeifen aus Süßgrashalmen statt aus Zinn und Blei fabriziert. Sie kontaktieren Möbelbauer, recherchieren nach dem richtigen Material und den richtigen Lacken, testen Werkzeuge und erkunden die fremden Klangfarben. „Das ist nicht risikofrei“, sagt Firmenchef Matthias Schuke, „weil wir das noch nie gemacht haben.“

Der Unternehmer freut sich mit seinen 23 Mitarbeitern dennoch, wenn das Spektrum durch solche Aufträge erweitert werden kann. Gerade wurde zum Beispiel eine kleine römische Wasserorgel aus dem zweiten Jahrhundert, eine sogenannte Hydraulos, für das römisch-germanische Zentralmuseum in Mainz nachgebaut. Die Pfeifen sind aus einer Bronze- Kupfer-Legierung, der Winddruck wird durch Wasser erzeugt. Reste eines solchen Instruments wurden mal in Budapest ausgegraben, darauf und auf neueren Forschungen basierend wurde mit einer Archäologin die Hydraulos in Werder nachgebaut. Ein anspruchsvoller Auftrag, so Schuke. „Wir haben dabei wieder etwas dazugelernt und sind weiter in die Orgelbaugeschichte eingestiegen.“

Für die Bambusorgel gibt es ein historisches Vorbild auf den Philippinen: Ein spanischer Missionar hat Anfang des 19. Jahrhunderts ein Instrument mit 900 Bambuspfeifen für seine Dorfkirche in Las Piñas bei Manila gebaut, sie ist heute ein Touristenmagnet. Im taiwanesischen Pingtung, einer Stadt mit etwa 214 000 Einwohnern im Süden der Insel, wünscht man sich nun für den Konzertsaal eine Orgel, der man diese exotische, etwas rauchige Klangfarbe entlocken kann. Die Idee sei erst im Gespräch vor Ort entstanden, als der Auftrag schon erteilt war. Er hat einen Umfang von über einer halben Million Euro, sagt Matthias Schuke.

Eine ganze Reihe taiwanesischer Musikstätten sind inzwischen mit Orgeln deutscher Herkunft ausgestattet. Der Schuke-Auftrag wurde über einen Importeur vermittelt, der schon mal ein kleines Instrument aus Werder nach Taiwan verkauft hat. Matthias Schuke hofft inzwischen sehr, einen Fuß in den chinesischen und vielleicht koreanischen Markt zu bekommen. „Dort spielt sich derzeit eine Menge ab.“

Die hiesige Auftragslage habe sich seit der Wirtschaftskrise derweil nicht verbessert, für die Königin der Instrumente fehlt oft das Geld. „Es wird von den klammen Kirchengemeinden inzwischen sehr auf die Preise geschaut und dabei leider manchmal vergessen, dass billig nicht immer gut ist“, sagt Schuke. Im Wesentlichen wurden dieses Jahr Kirchenorgeln in Wittenberge sowie Seehausen und Eichstedt in der Altmark restauriert.

Der ausländische Markt ist für das Unternehmen seit jeher interessant. Größere Aufträge gab es in der jüngeren Vergangenheit unter anderem aus Russland, Polen, Österreich und Mexiko. Derzeit baut Schuke eine neue Orgel für die Ukraine: In der Philharmonie in Charkow soll nächstes Jahr ein Instrument mit 72 Registern montiert werden. Henry Klix

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