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Eine Lehrerin tippt in einer Schule auf einem iPad. 

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Update

Digitalisierung der Verwaltung: Berliner Lehrkräfte bekommen dienstliche Mailadressen – bis Ende 2021

Statt privater Mailadressen können Berliner Lehrerinnen und Lehrer bald dienstliche nutzen. Der Provider stammt aus Berlin und ist Testsieger beim Datenschutz.

Aus einem ganzen Strauß ungelöster Probleme der Berliner Bildungsverwaltung ragt ein Bereich heraus: Die Digitalisierung. Nachdem der erste Lockdown nicht nur die Schulen unerwartet getroffen und teilweise über Jahrzehnte verpasste Innovationen schonungslos offen gelegt hatte, folgte eine Art Schockstarre.

Während andernorts mit Hochdruck und oft auch unbürokratisch Lösungen gesucht wurden, bleiben aus dem Bildungsbereich vor allem Pannenmeldungen im Gedächtnis. Fehlende Breitbandanschlüsse sowie nicht vorhandenes W-Lan in den Klassenräumen, kaum abgerufene Millionen aus dem Digitalpakt Schule, analog arbeitende Lehrkräfte sowie eine bis heute nicht fehlerfrei funktionierende Lernplattform sind nur einige davon.

Wenn die Bildungsverwaltung in die Schlagzeilen geriet, dann negativ - sehr zum Ärger von Schulleitungen, Lehrkräften sowie Eltern. Leidtragende waren und sind die Schülerinnen und Schüler Ein wichtiger Schritt dahin, das analoge Tal der Tränen zu verlassen, ist nun gemacht. 

Verläuft eine Mitte Dezember mit knapp 200 Lehrkräften gestartete Pilotphase erfolgreich, sollen nach und nach etwas mehr als 33.000 Lehrerinnen und Lehrer an Berliner Schulen eine dienstliche Mailadresse erhalten. „Mittelfristig“ und bis Ende des Jahres soll das geschafft sein, heißt es eher vorsichtig aus der Bildungsverwaltung.

Peer Heinlein, Geschäftsführer des 1989 in Berlin gegründeten Unternehmens „mailbox.org“, erklärt, die technischen Voraussetzungen dafür seien bereits jetzt geschaffen. Unternehmensseitig könnte das Durcheinander privater Mailadressen auf bekanntermaßen unsicheren Providern morgen schon beendet sein. Den letzten Schritt, die Verteilung der Konten mit der Endung @schule.berlin.de, müsse jedoch die Bildungsverwaltung vornehmen.

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Die zuletzt auch partei- wie koalitionsintern massiv unter Druck geratene Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) wertet den Start der Zusammenarbeit mit dem bei IT-Experten und Datenschützern anerkannten Unternehmen schon jetzt als Erfolg. 

Ein erster Schritt: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) freut sich über die Zusammenarbeit mit dem Berliner Unternehmen "mailbox.org". Weitere Baustellen bleiben. Foto: Britta Pedersen/dpa
Ein erster Schritt: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) freut sich über die Zusammenarbeit mit dem Berliner Unternehmen "mailbox.org". Weitere Baustellen bleiben. Foto: Britta Pedersen/dpa

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„Es freut mich besonders, dass wir für unser Anliegen ein Unternehmen aus Berlin gewinnen konnten“, erklärte Scheeres am Montag. Sie sagte weiter, dass Lehrkräfte „eine sichere, praxistaugliche und datenschutzkonforme Kommunikationsplattform“ benötigen, um den Kontakt zu Schülerinnen und Schülern, Eltern und Kolleginnen und Kollegen zu halten.

Mail bis Videokonferenz unter einem Dach

Genau diese Lösung scheint mit mailbox.org gefunden. Neben dem sicheren Senden und Empfangen von Mails bietet der in Berlin beheimatete Provider den Service einer sicheren Dateiablage sowie Funktionen wie den Kalender, Kontakte und Online Office. Sogar Videokonferenzen in Klassenstärke können abgehalten werden – schließlich betreibt das Unternehmen auch eine verwaltungsintern allerdings kaum bekannte landeseigene Plattform für Videokonferenzen. 

Das Schulpaket kostet Berlin nach Angaben der Bildungsverwaltung im Jahr rund 1,8 Millionen Euro – macht 4,50 Euro pro Monat und Lehrkraft. Hinzu kommt: Mailbox.org kennt die inhaltlichen Wünsche und technischen Anforderungen an Mailkonten für Lehrkräfte. 

Peer Heinlein ist Geschäftsführer von mailbox.org.
Peer Heinlein ist Geschäftsführer von mailbox.org.

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Im Herbst 2019 stattete das Unternehmen das Lehrpersonal Thüringens mit Mailadressen aus. Eigenen Angaben zufolge handelt es sich dabei aktuell um rund 24500 Postfächer. „Alles läuft problemlos“, erklärt Heinlein und ist davon überzeugt, dass es in Berlin schon bald ebenso sein wird. Voraussetzung ist, die Personalräte spielen mit.

Ebenfalls bis Ende 2021 sollen, so die angesichts aktueller Lieferprobleme wohl überambitionierte Planung der Bildungsverwaltung, alle Lehrkräfte Dienst-Laptops erhalten. Dann sollen Vorgaben zur Nutzung bestimmter Programme verbindlicher werden.

Klar ist: Mit der Kooperation zwischen Bildungsverwaltung und mailbox.org endet für Tausende Lehrer und Lehrerinnen an Berliner Schulen die Arbeit in einer datenschutzrechtlichen Grauzone. Wer bislang mit seinen Schülerinnen und Schülern in Kontakt bleiben wollte und von der Schulleitung nicht mit einer dienstlichen Mailadresse ausgestattet worden war, nutzte dafür die private.

Persönliche Daten Minderjähriger landeten so auf den Servern von kommerziellen Unternehmen. Einzelne von denen machen auch öffentlich keinen Hehl daraus, den Verkehr auf ihren Servern auszuwerten. 

„Es gibt aktuell eine große Sorglosigkeit im Umgang mit Daten“, sagt dazu Peer Heinlein. Dass diese Sorgen bei der Arbeit mit mailbox.org unbegründet sind, belegen Bewertungen der Stiftung Warentest. Zwei Mal bewertete sie das Unternehmen in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit mit der Bestnote 1,0 – zuletzt im Jahr 2016.

Kein Wunder also, dass auch die Berliner Datzenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk die Zusamenarbeit mit mailbox.org begrüßt. Für Irritationen dagegen sorgt ihr Hinweis darauf, von der Bildungsverwaltung in den Auswahlprozess des Providers nicht eingebunden worden zu sein. Immerhin habe die Schulverwaltung über das Projekt informiert und aktuell liefen Gespräche "bezüglich der konkreten Ausgestaltung", erklärte Smoltczyk.

Sie hält unterdessen an ihrer Empfehlung zur Nutzung eines datenschutzkonformen Messengers für die Kommunikation zwischen Lerkräfte und Schülerinnen und Schülern festhält. Dank dieser Erklärung ist klar: Die Auftragsvergabe an mailbox.org ist ein Schritt nach vorn, die Auseinandersetzungen zwischen Bildungsverwaltung und Datenschutzbehörde dauern an.

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