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WBM-Gebäude in der Torstraße, Ecke Ackerstraße.

© Andreas Suess

Aus einer Zeit, als Honecker Berlins Mitte herausputzte : DDR-Plattenbauten in Spandauer Vorstadt stehen nun unter Denkmalschutz

In den letzten Jahren der DDR entdeckte die SED-Führung den Kiez. In Berlin-Mitte setzte sie auf Erhalt und Neubauten im alten Stadtgrundriss. Nun werden 28 Gebäude unter Denkmalschutz gestellt.

Stand:

Sie wurden im alten Zentrum Berlins in den 1980er-Jahren errichtet: In Plattenbauweise, industriell vorgefertigt und historisierend gestaltet, an den historischen Traufhöhen ausgerichtet. Zwischen zerfallenen Altbauten und den Spuren des Zweiten Weltkriegs entstanden die Häuser in all den Baulücken in der Berliner Mitte. Die alte Doktrin, Abriss des maroden Alten, empor mit den neuen sozialistischen Plattenbau-Siedlungen auf dem Acker gegen die Wohnungsnot, galt seit Ende der 1970er-Jahre nicht mehr. Die SED-Führung unter Erich Honecker wollte Berlins Mitte herausputzen.

Jetzt hat das Berliner Landesdenkmalamt 28 Wohn- und Geschäftshäuser der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) aus dieser Zeit unter Denkmalschutz gestellt. Sie alle befinden sich in der Spandauer Vorstadt, in der Münzstraße, Torstraße, Linienstraße, Neuen Schönhauser Straße und in der Alten Schönhauser Straße. Selbst die Unternehmenszentrale in der Dircksenstraße ist nun geschützt. Ein Abriss ist jetzt nicht mehr so einfach möglich, der Denkmalschutz muss jeder Veränderung zustimmen.

Das WBM-Gebäude in der Linienstraße.

© Andreas Suess

Errichtet wurden die Häuser in den Jahren 1984 und 1989, sie haben damit nicht nur Baulücken geschlossen, sondern auch den historischen Stadtgrundriss in weiten Teilen wiederhergestellt – und damit die Kieze. Der Begriff erlebte damals einen erstaunlichen Aufwind. Es gab Aufrufe wie diesen: „Unser Kiez soll schöner werden“. Die FDJ mobilisierte Reserven zur Rettung von Altbauten: „Dächer dicht in der zweiten Schicht“. Sogar SED- und Staatschef Honecker sprach zur 750-Jahr-Feier 1987 vom Kiez – mit Heimeligkeit in einem zerbröselnden Land, um ein Regime in Bedrängnis zu retten.

Damals wurden für die Altstadtplatten eigens Planungskollektive und Baukombinate aus den 14 anderen Bezirken – Gera, Cottbus, Schwerin und wie sie alle hießen – in die Hauptstadt der DDR beordert, sie mussten sogar das Baumaterial mitbringen, was ihnen daheim dann fehlte. In der Spandauer Vorstadt dagegen entstand eine für die DDR einmalige Vielfalt von Neubauten.

Auch diese Platte in der Linienstraße steht nun unter Denkmalschutz.

© WBM

Denn plötzlich durften die Verantwortlichen aus den Bezirken selbst Lösungen finden, statt nur die Standardplatte zu bauen. Und die Architekten wollten zeigen, dass es auch anders geht – weniger klobig, einfügend in bestehende Strukturen. Ein Paradigmenwechsel mit einer Rückbesinnung auf die historische Innenstadt.

Die WBM-Zentrale in der Dircksenstraße steht ebenfalls unter Denkmalschutz.

© Tina Merkau

„In den 1980er-Jahren wurde die behutsame Erneuerung der historischen Stadt international zum Leitbild einer neuen Bau- und Planungspraxis“, sagt Christoph Rauhut, Direktor des Landesdenkmalamts. „Nur in Berlin haben wir das große Glück, dass sich herausragende Bauprojekte aus Ost und West an einem Ort erhalten haben.“ Es sei eine besondere Aufgabe und Verantwortung, dieses gemeinsame Erbe zu erhalten und zu vermitteln.

„Die Wohngebäude sind heute ein fester Bestandteil der Geschichte der Spandauer Vorstadt und erfreuen sich aufgrund ihrer attraktiven Lage, Architektur und durchdachten Grundrisse großer Beliebtheit“, sagt WBM-Geschäftsführer Lars Dormeyer. Die Gebäude seien auch ein wichtiger Teil der Geschichte der WBM. Die behutsamen Sanierungen zeigten, „dass ökologische, soziale und denkmalpflegerische Anforderungen erfolgreich in Einklang gebracht werden können“.

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