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Berlin: Babyklappenmord: DNA-Test unter Zwang

Die meisten Klinik-Mitarbeiter gaben freiwillig Speichelproben ab. Alle anderen wurden jetzt dazu verpflichtet

Im Babyklappenfall setzen Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt auf Zwang. Alle gut 20 Personen, die in den vergangenen Monaten nicht „freiwillig“ ihre Speichelprobe abgegeben haben, erhalten jetzt eine richterliche Anordnung. Wie berichtet, war Anfang Juli ein mit 15 Messerstichen ermordeter Säugling in der Babyklappe des Zehlendorfer Krankenhauses Waldfriede gefunden worden. Neben der Säuglings-DNA fand die Spurensicherung zudem auch DNA-fähiges Material einer Frau am Säugling. Durch den Gentest kann also nicht nur eine Verwandte des Kindes ermittelt werden, sondern auch die Frau, die das Kind transportierte. Gegen die gut 20 Frauen, die jetzt zwangsweise Speichel abgeben müssen, bestehe kein gesteigerter Verdacht, sagte Justizsprecher Retzlaff gestern. Der Zwang müsse aber sein, um die Ermittlungen zu Ende zu bringen. „Wer A sagt, muss auch B sagen“, sagte Retzlaff. Denn das „A“ brachte kein Ergebnis: Unter den 460 seit Dezember von der Polizeitechnik (PTU) des Landeskriminalamts untersuchten Speichelproben war kein „Treffer“. „Wenn wir jetzt nicht weitermachen, war die freiwillige Abgabe sinnlos“, hieß es. Denn erst wenn alle weiblichen Angestellten ihre Probe abgegeben haben, kann definitiv ausgeschlossen werden, dass die gesuchte Frau im Krankenhaus arbeitet oder arbeitete – auf diese erlösende Nachricht wartet seit Wochen auch die Klinik.

Die Kripo hatte keine Kosten und Mühen gescheut und sogar ins Ausland verzogene Krankenhausbedienstete angeschrieben. Unter den fehlenden Proben sollen nur wenige „echte Verweigerer“ sein, die meisten hätten die Einladungen vermutlich nur „vergessen“, hieß es bei der Justiz. Deshalb ordnete am Montag ein Richter auf Antrag der Staatsanwaltschaft den Zwangstest an. Zudem wurde die Analyse von 40 weiteren Proben angeordnet, die in den letzten Wochen noch auf „freiwilliger Basis“ abgegeben wurden.

Für die Sonderkommission „Babyklappe“ ist die DNA-Analyse die letzte Hoffnung, den spektakulären Fall noch zu klären. Denn das Hinweistelefon hat seit Monaten nicht mehr geklingelt, auch intensivste Befragungen im Umfeld der Klinik brachten nicht weiter. Die Ermittlungen verliefen schleppend.

Zeugen berichteten, eine jüngere Frau mit dem toten Säugling im Arm sei mit der U-Bahn vom Wittenbergplatz zur Endstation Krumme Lanke gefahren und habe dort auf eine ältere Frau gewartet. Gemeinsam sollen die beiden den toten Jungen zur benachbarten Klinik gebracht haben. Ein Zeuge hat gesehen, wie die zwei Frauen einen Karton mit einem dem Krankenhaus gehörenden Handwägelchen zu der abseits auf dem Klinikgelände gelegenen Babyklappe brachten. Wegen des Klinik-Wägelchens glauben die Ermittler, dass zumindest eine der beiden südosteuropäisch wirkenden Frauen „einen engen Bezug zum Krankenhaus“ haben muss.

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