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Von der Brache zur Langeweile? Der Bezirk Mitte wünscht sich, dass in neuen Bauten am Hauptbahnhof nicht nur Büro- und Geschäftsräume entstehen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Spreebogen: Baustadtrat fürchtet Ödnis am Hauptbahnhof

Wird der Spreebogen zum Beamtenghetto? Die Firma OVG Real Estate will auf ihrem Grundstück östlich des Humboldthafens ein weiteres Bundesministerium ansiedeln. Der Bezirk fordert nun Platz für Cafés und Geschäfte in Neubauten.

Ephraim Gothe macht sich zunehmend Sorgen um die Umgebung des Hauptbahnhofs. Den Baustadtrat von Mitte stören nicht nur die vorübergehenden Nutzungen wie die Imbissbuden nördlich des Haupteingangs am Europaplatz. Für die Zukunft befürchtet der SPD-Politiker, dass der Spreebogen zum „Beamtenghetto“ werde, in dem es an „attraktiven öffentlichen Nutzungen“ wie Cafés und Geschäften mangele. Aktueller Anlass für seine Befürchtungen ist ein Gespräch mit niederländischen Investoren: Die Firma OVG Real Estate habe mitgeteilt, dass sie auf ihrem Grundstück östlich des Humboldthafens ein weiteres Bundesministerium ansiedeln wolle.

Dabei handelt es sich um das Bundesgesundheitsministerium, das in Berlin bisher an der Friedrich- und Mohrenstraße ansässig ist. Ein Sprecher bestätigte auf Nachfrage, dass der Humboldthafen als einer von „mehreren Standorten“ im Gespräch ist – beschlossen sei aber noch nichts. OVG-Geschäftsführer Coen van Oostrom sprach von „ersten Verhandlungen“ mit möglichen Mietern, zu denen ein Ministerium gehöre. Das Unternehmen plant in der Nachbarschaft des Hauptbahnhofs zwei Bürohäuser – direkt am Humboldthafen und östlich davon am Alexanderufer. Die Neubauten sollen nach Entwürfen des Architektenbüros Hilmer & Sattler und Albrecht gebaut und Mitte 2013 eröffnet werden. Nördlich davon planen andere Investoren unter anderem das 17-stöckige Hochhaus „Total Tower“ für den Ölkonzern Total sowie die 40 Hektar große „Europacity“ mit Wohnungen, Büros, Läden und kultureller Nutzung.

Bekannt sind auch schon Pläne des Bundesinnenministeriums für einen Neubau an der Straße Alt-Moabit zwischen dem Stadtbahnviadukt und der Polizei- und Feuerwehrwache im Regierungsviertel; der Bau soll 2011 beginnen und 2014 abgeschlossen sein. Und das Bundesministerium für Bildung und Forschung will ab 2013 auf dem Gelände des Bundespressestrandes am Kapelleufer bauen.

Der Bund besitze „doppelt so viele Flächen in attraktiver Innenstadtlage, wie er für einen Komplettumzug aller Ministerien nach Berlin bräuchte“, schätzt Stadtrat Gothe. Er will zur Zukunft des Spreebogens nun „eine politische Debatte lostreten“. Rein baurechtlich handele sich um ein Kerngebiet, in dem der Bezirk die gewerbliche Nutzung nicht einschränken oder steuern könne. Wenigstens in den Erdgeschossen müssten aber beispielsweise Lokale entstehen, um eine Verödung und „Monostruktur“ zu vermeiden. Dem Architekten Axel Schultes sei es beim Masterplan für das Regierungsviertel darum gegangen, dass im nördlichen Teil eine „normale Stadt“ entstehe.

In der unmittelbaren Umgebung des Hauptbahnhofs fand Gothe die temporäre Nutzung durch Imbissbuden oder das „Palazzo“-Showzelt von Hans-Peter Wodarz bisher „nicht so schlimm“. Da es bis zum Start dortiger Bauprojekte aber noch dauern werde, müsse über die Gestaltung nachgedacht werden.

Für die Imbisse sei eine Lösung wie am Holocaust-Mahnmal denkbar, wo Wurstverkäufer und Souvenirshops in einem Flachbau untergebracht wurden. Den Washingtonplatz will der Bezirk mit Bäumen und neuem Pflaster aufwerten. Gothe erwägt eine Gestaltungssatzung für die Gegend, um unpassende Neubauten verhindern zu können. Als Negativbeispiel nannte er das 2009 eröffnete Meininger-Hotel am Hauptbahnhof: „So etwas darf sich nicht wiederholen.“

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