zum Hauptinhalt

So kann’s gehen: Benimmfragen: Nur die Guten für mich?

Wer sich im Supermarkt aus allen Erdbeerkörbchen seine persönliche Bestenauslese zusammenstellt, ist nicht nett! Elisabeth Binder antwortet auf Leserfragen.

Bei der Lektüre Ihrer Frage zu den Frühstücksbüfetts kam mir sofort in den Sinn, dass es Leute in Supermärkten gibt, die sich ihr persönliches Erdbeerkörbchen zusammenstellen. Obwohl die Erdbeeren schon in 500g – Körbchen angeboten werden, fummeln diese Leute sich aus verschiedenen Körbchen die schönsten Erdbeeren für ihr eigenes Körbchen zusammen. Ich selbst finde es nicht fein, dass die Erdbeeren in meinem Körbchen schon durch 20 Hände und Finger gegangen sind, geprüft und gedrückt und zuletzt aussortiert wurden.

Im Grunde nehmen Sie die Antwort schon vorweg. Egal, ob man den kategorischen Imperativ wählt oder das alte deutsche Sprichwort: „Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu“, rücksichtslos ist die Pickerei in jedem Fall. Die späten Kunden sind die Verlierer im Erdbeer-Spiel. Man kann hier auch nicht einfach sagen: „Wer zuerst kommt, den belohnt die Erdbeerfee.“ Es ist ja klar, dass bei abgepackten Erdbeeren in jedem Körbchen gute und schlechte Exemplare sind. Sollte nicht so sein, aber Erfahrung lehrt, dass es sich doch häufig so verhält. Wer nun die schlechten aus dem einmal gewählten Körbchen heraussortiert und umpackt, mag das als sein gutes Recht als Kunde empfinden, der einen Anspruch hat auf ausschließlich erstklassige Ware. Gleichzeitig mutet er aber anderen Menschen zu, mit einer überdurchschnittlichen Auswahl minderwertiger Früchte den Heimweg antreten zu müssen. Er würde, wenn er länger arbeiten muss oder es sonst wie erst später in den Supermarkt schafft, ganz bestimmt nicht wollen, dass ihm selbst die schäbigen Reste serviert werden.

Ideal wäre es natürlich, wenn das Personal im Laden die Qualität der Früchte in den Körbchen selbst im Blick behielte und gelegentlich umsortierte. Meist ist aber nicht genug Personal da. Geld für angestoßenes Obst zahlen, ist natürlich auch nicht wirklich erfreulich. Richtig wäre es, das dem äußeren Anschein nach beste Körbchen in Gänze zu nehmen und nicht erst groß mit dem Sortieren anzufangen. Das empfiehlt sich auch deshalb, weil man bei dieser Tätigkeit seiner Umwelt so einen kleinlich mickrigen Anblick abgibt. Wer der Großzügigkeit Raum schaffen möchte, fängt im Kleinen an. Und wenn es sich dabei nur um ein Erdbeerkörbchen handelt.

Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an: meinefrage@tagesspiegel.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false