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Die Initiative "Berlin autofrei" will die Zahl der zulässigen Pkw-Fahrten stark reglementieren.

© IMAGO/Bernd Friedel

Rechtsstreit um Volksbegehren zur Verkehrswende: „Berlin autofrei“ widerspricht dem Senat vor dem Landesverfassungsgericht

Im Streit mit dem Senat legt „Berlin autofrei“ dem Landesverfassungsgericht seine Stellungnahme vor. Der Senat erfinde ein „Recht auf Autofahren“, klagen sie.

Darf das Autofahren in der Berliner Innenstadt weitestgehend verboten werden? Ja, findet die Initiative „Berlin autofrei“. Im Streit mit dem Senat um die Zulässigkeit des Volksbegehrens haben die Aktivisten nun ihre Stellungnahme beim Landesverfassungsgericht eingereicht.

„Letztlich wird deutlich, dass die Kritik des Senats an unserem Gesetz politisch motiviert war, denn die juristischen Argumente scheinen wenig stichhaltig“, sagte Marie Wagner, Sprecherin des Volksentscheids „Berlin autofrei“. „Wir sind deshalb sehr optimistisch, dass unser Gesetz vor dem Landesverfassungsgericht Bestand haben wird.“

Der Gesetzentwurf der Initiative sieht vor, den Autoverkehr innerhalb des Berliner S-Bahnrings zu großen Teilen zu verbieten. Je Person sollen danach künftig noch zwölf und später nur noch sechs Pkw-Fahrten pro Jahr innerhalb der Innenstadt erlaubt sein. Ausgenommen davon wären Feuerwehr und Polizei, der öffentliche Nahverkehr sowie mobilitätseingeschränkte Menschen.

Der Senat hatte das von der Initiative gestartete Volksbegehren im Mai für nicht zulässig erklärt und den Fall dem Landesverfassungsgericht vorgelegt. Eine juristische Prüfung der Senatsinnenverwaltung war zuvor zu dem Ergebnis gekommen, dass der Gesetzentwurf der Verkehrswendeaktivisten einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach dem Grundgesetz gewährte allgemeine Handlungsfreiheit darstelle. Die Begrenzung auf wenige Fahrten pro Jahr sei zu starr und zu gering.

Zugleich bemängelte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), dass die Pläne nicht zur Verkehrswende beitragen würden. Vielmehr verlagerten sich die verkehrlichen Probleme dadurch lediglich auf das Gebiet außerhalb des S-Bahnrings, argumentierte sie.

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In der 71 Seiten umfassenden Stellungnahme, die dem Tagesspiegel vorliegt, wendet sich die Initiative gegen die juristische Sicht des Senats. Demnach sei der Gesetzentwurf sowohl mit der allgemeinen Handlungsfreiheit als auch mit der im Grundgesetz garantierten Eigentumsfreiheit vereinbar.

Demnach bestehe kein verfassungsrechtlich verbürgtes Recht, dass Straßen nach dem heute gültigen Prinzip des Allgemeingebrauchs weitgehend uneingeschränkt für Autos zur Verfügung stehen müssen. Für ein Grundrecht auf Autofahren biete die Verfassung „nicht die geringste Grundlage“. Die Nutzung der Straßen könnte stattdessen vom Gesetzgeber auch anders gewidmet werden.

Landesverfassungsgericht muss über Zulässigkeit von "Berlin autofrei" entscheiden

Gegen die Unverhältnismäßigkeit des Vorschlags spreche zudem, dass im Falle eines erfolgreichen Volksentscheids, eine demokratische Mehrheit für die Pläne stimmen würde.

Das Landesverfassungsgericht prüft den Gesetzesvorschlag der Initiative in den kommenden Monaten. Folgen die Richter der Argumentation des Volksentscheids, kann die zweite Unterschriften-Sammelphase beginnen. Dabei müssten rund 175.000 gültige Unterschriften gesammelt werden, um einen Volksentscheid zu der Frage einleiten zu können.

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