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Berlin: Berlin in der Krise: Bündnis mit der PDS: SPD-Mitglieder wagen den Widerspruch

Es hat eine Weile gedauert, bis sich die Kritiker aus der Deckung gewagt haben. Heimlich, still und langsam ist der Widerstand in der Bundes-SPD gegen ein mögliches Berliner Bündnis von Sozialdemokraten und PDS gewachsen.

Es hat eine Weile gedauert, bis sich die Kritiker aus der Deckung gewagt haben. Heimlich, still und langsam ist der Widerstand in der Bundes-SPD gegen ein mögliches Berliner Bündnis von Sozialdemokraten und PDS gewachsen. Schon in der vergangenen Woche beschwerten sich Mitglieder der Bundestagsfraktion über den offenen Kooperationskurs der Parteiführung - allerdings nur hinter vorgehaltener Hand. Nun liegt erstmals ein offizielles Papier von parteiinternen Kritikern vor. Der Gesprächskreis "Neue Mitte", ein Zusammenschluss vorrangig ostdeutscher Sozialdemokraten im Bundestag, warnt darin vor einer Zusammenarbeit mit den Sozialisten.

Zum Thema Online Spezial: Das Ende der Großen Koalition Anfang vom Ende: Die Finanzkrise in Berlin TED: Soll der Regierende Bürgermeister direkt gewählt werden? Fototour: Die Bilder der Krise Die Kritiker stufen eine Regierungsbeteiligung der PDS in Berlin als "Notsituation" ein, die keineswegs erstrebenswert sei. In dem Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es weiter: "Eine solche Situation dürfte der SPD als Partei schaden." Unterschrieben wurde die Position vom Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Uwe Küster, sowie den Abgeordneten Markus Meckel und Günter Weißgerber. Dem Gesprächskreis "Neue Mitte" gehören noch ein Dutzend weiterer Sozialdemokraten an, darunter prominente Ost-Politiker wie Richard Schröder und Stephan Hilsberg. Die Unterzeichner beziehen nun klar Stellung gegen ihren Generalsekretär Franz Müntefering. Der hat die PDS als koalitionsfähig eingestuft und einer rot-roten Koalition in Berlin den Segen gegeben. Am Sonntagabend bekräftigte Müntefering: "Wir respektieren die PDS als eine Partei, die in dieser Demokratie angekommen ist."

Diese Einschätzung tragen viele Sozialdemokraten nicht mit. Zu den ostdeutschen Kritikern gesellen sich inzwischen auch konservative Sozialdemokraten. "Ich sehe keine Möglichkeit zu einer Zusammenarbeit mit der PDS", sagt etwa Reinhold Robbe, Sprecher des zum rechten Parteiflügel zählenden Seeheimer Kreises. Der Niedersachse bescheinigt den Sozialisten nach wie vor ein gestörtes Verhältnis zum demokratischen Rechtsstaat. "Die PDS hat bislang kein vernünftiges Bekenntnis zum Grundgesetz abgegeben", sagte Robbe am Montag dem Tagesspiegel. "Sie strebt eine Gesellschaftsordnung an, die vielleicht vor 100 Jahren diskutabel gewesen wäre." Die Reformer Gregor Gysi und Lothar Bisky seien in der Partei nur Außenseiter, in der PDS-Bundestagsfraktion säßen viele ehemalige DDR-Funktionäre und ehemalige Aktivisten der DKP. Robbe: "Von solchen Leuten lasse ich mir nicht vorschreiben, was Demokratie ist."

Die Kritiker stört besonders, dass die PDS durch die Berliner Koalitionsdebatte aufgewertet wird. Meckel ist sich sicher: "Das Gerede von der Normalisierung schadet der SPD." Der Gründer der Ost-SPD verlangt in Berlin eine "Mehrheit diesseits von CDU und PDS", für ihn sind die SED-Nachfolger keine normale Partei. Im Papier der "Neuen Mitte" wird die Begründung nachgeliefert: "Die PDS hat sich bis heute nicht konsequent mit der Vergangenheit von Mauer und Teilung auseinandergesetzt." Ein Fingerzeig auf die bislang ausstehende Entschuldigung der PDS für den Mauerbau. Ein klares Zeichen aber auch, dass es für viele Sozialdemokraten jenseits des aktuellen Berliner Dilemmas auch weiterhin um alte Grundsatzfragen geht.

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