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Personaldokumente: Berlin tut sich mit elektronischer Dokumentenprüfung schwer
Die Geräte zur elektronischen Prüfungen von Pässen sind längst gekauft. Dennoch werden sie in Bürgerämtern nicht eingesetzt. Warum nicht?
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Es ist so einfach. Man legt den Ausweis, Pass oder Führerschein auf ein silbrig schimmerndes Gerät, das aussieht wie eine stabile Brotbox, schiebt die Seite mit Foto und Personaldaten in einen Schlitz – und die Elektronik ermittelt sofort, ob das Dokument echt oder „auffällig“ ist. Das Dokumentenprüfgerät „Visocore Verify“, entwickelt und vertrieben von der Bundesdruckerei, nimmt den Mitarbeitern kommunaler Verwaltungen, aber auch privater Unternehmen den schwierigen Job ab, auch gut gefälschte Personalpapiere zu identifizieren.
Erkannt werden mehr als tausend verschiedene Personaldokumente aus rund 160 Ländern. Das Gerät wird bundesweit erfolgreich genutzt – aber die Berliner Behörden tun sich schwer damit. In drei Bezirken startete schon 2012 ein Testlauf, der in Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick ein Jahr später abgebrochen wurde. Nur in den Neuköllner Bürgerämtern werden die Ausweise bis heute maschinell geprüft, aber zur berlinweiten Einführung der Dokumentenprüfgeräte kam es bisher nicht, obwohl der Senat dies immer wieder versprach.
Der Wille ist da
Der Wille, die neue Technik in allen Bürgerämtern einzuführen, sei „ausdrücklich vorhanden“, versicherte Innensenator Andreas Geisel (SPD) zuletzt im Februar vor dem Abgeordnetenhaus. Viele Mitarbeiter seien schon geschult. Im vergangenen Jahr wurden die elektronischen Dokumentenprüfer ausgeschrieben, die Bundesdruckerei bekam den Zuschlag, Beschaffung und Auslieferung wurden vertraglich geregelt. Auch die Finanzierung ist gesichert. Für die Entwicklung und den Betrieb des neuen Prüfverfahrens stehen bisher 1,3 Millionen Euro zur Verfügung, wobei die Geräte selbst mit etwa 2000 Euro pro Stück relativ preiswert sind.
Mitte des Jahres, kündigte Geisel also im Februar an, sei es so weit. Jetzt aber teilt der Senator in einem Bericht an das Landesparlament mit: „Die internen Abstimmungen zur Einführung der Dokumentenprüfgeräte dauern an, es wird um Fristverlängerung bis 31. Oktober gebeten“. Bis dahin müssen die Beschäftigten in den Bürgerämtern immer noch per Augenschein beurteilen, ob der vor ihnen liegende Personalausweis oder Reisepass echt ist oder nicht.
Sicherheitskonzept wird "finalisiert"
„Zur Wahrheit gehört, dass wir als öffentliche Verwaltung an Gesetze gebunden sind, die Beteiligungsverfahren und umfangreiche Konzepte erfordern“, begründet ein Sprecher der Innenverwaltung die neue Verzögerung. Es gehe um die Einbettung der Prüfgeräte in die IT-Infrastruktur Berlins, um die Betriebsabläufe, den Datenschutz und den sicheren Betrieb der Geräte. Das Sicherheitskonzept werde zurzeit „finalisiert“ und dann dem Hauptpersonalrat, der Schwerbehindertenvertretung und der Landesdatenschutzbeauftragten vorgelegt. Erst wenn deren Zustimmung vorliege, könne der Betrieb aufgenommen werden.
Welche Teufelchen im Detail stecken, verriet der Vizechef des Hauptpersonalrats, Andreas Hellwig, dem Tagesspiegel. So habe die Schwerbehindertenvertretung dem Projekt bisher nicht zugestimmt, weil es noch „Informationsbedarf bezüglich der Barrierefreiheit der Software“ gebe. Es müsse beispielsweise möglich sein, das zum Prüfgerät gehörende Programm per Tastatur und nicht nur mit der Maus zu steuern.
Geräte seien leicht zu bedienen
Dabei sind die Geräte laut behördlicher Einschätzung „einfach zu bedienen“, und wenn ein Dokument „auffällig“ ist, wird der Fall ohnehin an einen besonders geschulten Vorgesetzten abgegeben. Und sobald sich der Verdacht auf eine Fälschung erhärtet, wird das Landeskriminalamt eingeschaltet. Die Visocore-Prüfsysteme der Bundesdruckerei, deren neueste Version im Juni auf der IT-Messe Cebit in Hannover präsentiert wurde, sind inzwischen ausgereift und entdecken manipulierte oder beschädigte Dokumente innerhalb weniger Sekunden. Zudem können die ausgelesenen Daten gleich digital in die Datenbanken der Meldebehörden übernommen werden. Dies alles spart Zeit, Personal und minimiert Fehler.
Jeder falsche Ausweis, der nicht erkannt wird, ermöglicht es dem Inhaber, staatliche und private Leistungen zu erschleichen oder sich der Strafverfolgung zu entziehen. In Herne, Kassel, Offenbach und vielen anderen Kommunen werden die Geräte längst erfolgreich eingesetzt. Auch Banken, Autovermietungen oder Mobilfunkanbieter nutzen die Prüfmaschinen gern.
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