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Das Ende der Kurzzeitbenennung des Kaiserdamms nach dem ersten deutschen Bundeskanzler 1968.

© R/D

Nach dem Tod von Helmut Kohl: Berlin tut sich schwer mit Straßennamen für Altkanzler

Eine Straße für Helmut Kohl? Bisher ehrte Berlin verstorbene Bundeskanzler meist an recht unbedeutenden Orten. Und einmal gab es gar Riesenprotest.

Berlin und die Bundeskanzler. Bisher tut sich die Stadt schwer damit, Straßen oder Plätze nach verstorbenen Regierungschefs der Bundesrepublik zu benennen. Bei Helmut Kohl dürfte das anders sein. Die Frage wird nur sein: Welche Straße oder welcher Platz könnte es werden? Da es kaum neue Anlagen gibt, müsste es wohl eine Umbenennung geben. Und dabei hat man in der Vergangenheit schon heftige Proteste ausgelöst.

Nur acht Monate lang hatte vor 50 Jahren der erste Kanzler der Bonner Republik auch in Berlin seinen Damm. Das Bezirksamt Charlottenburg hatte wenige Tage nach dem Tod von Konrad Adenauer im April 1967 einstimmig beschlossen, aus dem Kaiserdamm einen Adenauerdamm zu machen. Doch schon an diesem Tag gab es die ersten Protestunterschriften. Mit der Umbenennung werde die geschichtliche Entwicklung in Preußen und Deutschland negiert, argumentierten die Gegner des Namenswechsels.

Die Prachtstraße war auf Wunsch von Kaiser Wilhelm II. angelegt worden. Vorher gab es dort nur einen unbefestigten Sandweg. 1906 erhielt die neue Straße deshalb den Namen Kaiserdamm. Aus den über 1000 Sofort-Unterschriften gegen eine Umbenennung wurden schließlich über 100.000. Dabei ging es nicht nur darum, dass die Gegner ihren Kaiser behalten wollten. Adenauer war in der westlichen Hälfte der Stadt nicht gerade beliebt. Er hatte Bonn als Regierungssitz durchgesetzt Und nach dem Mauerbau am 13. August 1961 ließ er sich erst am 22. August in Berlin blicken.

Ein Platz und eine Straße

Das Bezirksamt knickte schnell ein – und am 15. Januar 1968 schraubten Mitarbeiter bei „strömendem Regen und föhnartigem Wind“, wie der Tagesspiegel damals schrieb, die alten Schilder wieder an. Sie waren noch nicht weggeworfen worden. Der zur Rückbenennung angebotene Punsch der Arbeitsgemeinschaft Kaiserdamm fand aber kaum Abnehmer. Die Bevölkerung habe „mit kühler Zurückhaltung“ auf den neuen alten Namen reagiert, berichtete der Tagesspiegel.

Als Alternativen waren unter anderem die Stadtautobahn, die Bundesallee, die Heerstraße, der Messedamm, die Neue Kantstraße, die Reichsstraße oder die damalige Entlastungsstraße durch den Tiergarten ins Gespräch gebracht worden. Mit der Entlastungsstraße hätte man aber auch Pech gehabt; durch den Bau des – namenlosen – Nord-Süd-Tunnels zwischen den Uferstraßen am Landwehrkanal und der Invalidenstraße verschwand die Entlastungsstraße gut 40 Jahre später wieder.

Für den ehemaligen Kanzler fand sich dann doch noch ein Platz, auch wenn dieser als solcher kaum zu erkennen ist. Durch die neu gebaute Lewishamstraße war am Kurfürstendamm zusammen mit der Wilmersdorfer Straße eine kleine dreieckige Fläche entstanden, aus der 1973 dann der Adenauerplatz wurde. Und mit dem Bau des Regierungsviertels gab es dann dort auch eine Konrad-Adenauer-Straße.

Nur wenig besser erging es Nachfolger Ludwig Ehrhard, dem „Vater“ des Wirtschaftswunders, von dem auch West-Berlin profitierte. Ein Spazierweg am Spreebogenpark beim Kanzleramt trägt seinen Namen – und der Neubau der Industrie- und Handelskammer.

Helmut Schmidt hat noch keine Straße

Der dritte Kanzler, Kurt-Georg Kiesinger, schaffte es gar nicht nach Berlin. Kein noch so kleiner Flecken trägt seinen Namen. Kiesinger war umstritten; unter seiner Führung entstanden die Notstandsgesetze. Zudem war er Mitglied der NSDAP. 1969 hatte Kiesingers CDU die Wahl verloren und somit Willy Brandt ins Kanzleramt gebracht.

Doch auch der ehemalige Regierende Bürgermeister hat es nur zu einer Alibi-Straße gebracht. Das kurze – und kaum befahrene – Verbindungsstück am Kanzleramt heißt Willy-Brandt-Straße. Immerhin steht der Ex-Kanzler damit im Briefkopf des Bundeskanzleramtes; egal wer dort gerade regiert.

Auch der im November 2015 gestorbene Helmut Schmidt ist in Berlin noch nicht durch eine Straßenbenennung geehrt worden. Bei ihm kann man wohl auch auf die Fünf-Jahres-Frist verweisen, die zwischen Tod und Benennung verstreichen soll. Ausnahmen sind aber möglich.

Vielleicht auch für Helmut Kohl. Für eine Entscheidung sei es jetzt aber noch zu früh, sagte Senatssprecherin Claudia Sünder am Sonnabend.

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