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Berlin: Berliner Polizist erschießt in Nauen einen 28-Jährigen

Beamter hatte auf dem Heimweg drei Männer beim Randalieren beobachtet – und sie gestellt

Ein Berliner Polizist hat am Mittwochabend in Nauen einen jungen Mann mit seiner Dienstwaffe erschossen. Sven G. starb durch mindestens einen Schuss in den Kopf. Das gesamte Geschehen wurde über die Notrufnummer 110 aufgezeichnet, die der 24 Jahre alte Kommissar zuvor gewählt hatte. Der Polizist hatte während der Heimfahrt von seiner Dienststelle beobachtet, wie drei junge Männer im letzten Waggon des Regionalexpress der Linie 4 Nothämmer stahlen. Am Bahnhof Nauen war er daraufhin mit den Männern ausgestiegen und beobachtete, wie sie mit den Hämmern die Scheiben von mehreren Bushaltestellen und Leuchtreklamen zerstörten. Sebastian V., der seine Uniform trug, forderte die Männer auf stehen zu bleiben. Die aber flüchteten und versteckten sich. Wenig später kehrten sie zurück.

In „drohender Haltung“ seien zwei von ihnen auf den uniformierten Polizisten zugekommen, so schilderte es der Beamte live über die Notrufnummer, die Sebastian V. über sein Handy angewählt hatte, als die Männer die Scheiben einschlugen. Das folgende Geschehen wurde deshalb in der Leitstelle des Polizeipräsidiums Potsdam aufgezeichnet. Zu hören sei, wie der Beamte die jungen Männer anspricht, hieß bei der Polizei. Dann fiel ein erster Schuss – möglicherweise ein Warnschuss in die Luft. Stimmen sind in diesem Moment nicht zu hören. Kurz darauf knallte es „mehrfach“, wie Oberstaatsanwalt Wilfried Lehmann sagte. Der 28-jährige Sven G. fiel zu Boden, er starb an einem Kopfschuss. Seine beiden Kumpels blieben unverletzt und flüchteten. Der 24-jährige Lars B. stellte sich in Berlin bei der Polizei, der 20-jährige Christian F. kehrte an den Tatort zurück und ließ sich festnehmen. Er hatte 1,3 Promille Alkohol im Blut, auch die anderen beiden sollen angetrunken gewesen sein. Beide wurden nach ihrer Befragung wieder auf freien Fuß gesetzt. Die Ermittler suchen jetzt Zeugen und werten die Videobänder der Überwachungskameras im Bahnhof aus.

Gegen den Polizisten leitete die Potsdamer Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Totschlags ein. Er verweigerte gestern die Aussage. Oberstaatsanwalt Lehmann sagte, dass „einiges dafür spreche“, dass der Beamte in Notwehr geschossen habe, da er angegriffen worden sei.

Der Kommissar ist ein sogenannter „Dauerwaffenträger“, er kann seine Pistole – eine Sig Sauer P 6 – auch nach Dienstschluss mit sich führen und nach Hause nehmen, wenn er die Waffe dort sicher in einem Stahlschrank verwahren kann. Sebastian V. war als Polizeikommissar zur Anstellung auf dem Charlottenburger Abschnitt 27 am Ernst-Reuter-Platz eingesetzt. Ein Kollege beschrieb den Beamten als „ruhig und besonnen“.

V. war nach Schichtende um 20 Uhr am Bahnhof Zoo in den Zug gestiegen, der um 20.48 in Nauen ankam, er wohnt dort im Kreis Havelland. Die tödlichen Schüsse fielen um 20.59 Uhr, so belegt es die Telefonaufzeichnung. Direkt danach forderte V. von der Leitstelle einen Notarztwagen an und teilte den Kollegen mit, dass er sich zunächst in Sicherheit bringen wollte. Die drei Männer sollen außer den gestohlenen Nothämmern keine Waffen bei sich getragen haben.

Der getötete Sven G., angeblich Vater von drei Kindern, soll nicht vorbestraft gewesen sein. Am Bahnhof Nauen waren die tödlichen Schüsse gestern Tagesgespräch. Fahrgäste, Anwohner und Geschäftsleute berichteten, dass es „hier ständig Krawall“ gebe. Zuletzt war im Juli 2006 auf dem Bahnhof der 23-jährige Sebastian H. im Streit von einem anderen jungen Mann erstochen worden. mit das/pete

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