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Berlin: Berliner Wahlalternative spaltet die Linke

WASG-Parteitag sagt Linkspartei/PDS den Kampf an und will allein zur Wahl antreten. Das hat bundespolitische Konsequenzen

Die Berliner „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ (WASG) will im September als eigenständige Partei zur Abgeordnetenhauswahl antreten. Mit 91 zu 39 Stimmen beschlossen die Delegierten des Parteitages am Sonnabend den Alleingang gegen die Linkspartei/PDS.

Das hat für die politische Linke möglicherweise Konsequenzen weit über Berlin hinaus. So dürfte der Berliner Alleingang den Wahlbündnissen aus WASG und PDS, die sich im März in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zur Wahl stellen, große Glaubwürdigkeitsprobleme bereiten. Auch ist der rechtliche Status der aus WASG- und PDS-Politikern bestehenden Bundestagsfraktion der Linkspartei jetzt fraglich. Und in Berlin führt die Spaltung der Linken möglicherweise zur Abwahl von Rot-Rot – und macht Konstellationen denkbar, die der WASG weit weniger liegen dürften als die PDS/SPD-Koalition.

Bis zuletzt wollten die Anhänger einer gemeinsamen Linkspartei deswegen die Hoffnung auf eine Kooperation nicht aufgeben. Ein Gesandter der PDS aus dem Abgeordnetenhaus und etliche PDSfreundliche Aktivisten der linken Sammelpartei WASG warnten am Sonnabend ein letztes Mal davor, dass ein Wahlkampf der Wahlalternative gegen die PDS die Linke spalte und ihren Gegnern helfe. Vergebens. Der Beschluss muss nun in der kommenden Woche noch von den gut 800 Mitgliedern der Berliner WASG bestätigt werden. Die meisten Beobachter gehen davon aus, dass sich die Basis der Parteiführung anschließt.

Der Kampfansage an die PDS und den rot-roten Senat war ein stundenlanger Redemarathon vorausgegangen. Dabei wurde deutlich, wie gespalten die WASG in der Bündnisfrage immer noch ist. Etwa ein Drittel der rund 50 Parteitagsredner warb trotz aller Differenzen für ein Bündnis mit der Linkspartei/PDS, sprach von „politischem Selbstmord“ und beschimpfte die Parteitagsmehrheit als Spalter und Sektierer. „Es gibt genug Gemeinsamkeiten für eine einige Linke“, sagte Klaus-Dieter Heiser von der Initiative Rixdorf, einem Bündnis von PDS-freundlichen WASG-Mitgliedern. Christine Buchholz, Berliner Vertreterin in der Bundesführung der WASG, warnte davor, dass der Alleingang die Partei vom bundesweiten Projekt einer vereinten Linkspartei abschneide. Zuvor hatte auch Gastredner Uwe Doering, Geschäftsführer der Linkspartei/PDS im Abgeordnetenhaus, vor einem „schlechten Signal“ gewarnt, das eine Spaltung der Berliner Linken bundesweit bedeute. Die Warner blieben aber in der Minderheit.

Den Ton gaben die kampfeslustige Führungsriege der WASG und ihre Anhänger vor. „Wir brauchen keine Partei, die verbal links ist, aber unsoziale Politik macht“, sagte Lucy Redler vom geschäftsführenden Vorstand der WASG. Angesichts der Privatisierung öffentlicher Unternehmen und von Sozialkürzungen habe die PDS im Senat „die Hoffnung auf eine linke Politik enttäuscht“, sagte ihr Kollege Rouzbeh Taheri. Und Stefan Müller aus der Parteiführung warf der PDS vor, in den gescheiterten Kooperationsverhandlungen der vergangenen Monate dem potenziellen Partner gegenüber „kein Entgegenkommen“ gezeigt zu haben. Die Stimmung auf dem Parteitag war aufgeladen, es gab zornige Zwischenrufe. Insgesamt war der Ton aber disziplinierter als noch vor zwei Monaten, als höhnische Beschimpfungen und ein kurzes Handgemenge das Bild geprägt hatten. Nun bahnt sich eine Ablösung der PDS-freundlichen WASG-Mitglieder von der Partei an. So mancher Delegierter erwägt jetzt, zusätzlich zur WASG auch der PDS beizutreten.

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