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Amazon-Beschäftigte in Hoppegarten wählen Betriebsrat: Immer weniger „mitbestimmungsfreie Zonen“ beim US-Konzern
Trotz Schichtarbeit und Sprachbarrieren: Gewerkschaft Verdi konnte die Belegschaft eines weiteren Verteilzentrums motivieren, ihre Mitarbeiterrechte wahrzunehmen.
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Die Beschäftigten des Amazon-Verteilzentrums in Hoppegarten haben am Mittwoch erstmals einen Betriebsrat gewählt. Nach Angaben der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) beteiligten sich über 300 wahlberechtigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Abstimmung. Die Verdi-nahe Liste „Respect 4 all“ erhielt eine deutliche Mehrheit der Stimmen.
Mit der Wahl in Hoppegarten verfügen nun vier der fünf großen Amazon-Logistikstandorte in der Hauptstadtregion über einen Betriebsrat. Zuvor hatten bereits die Beschäftigten in Berlin-Mariendorf (2023) und Berlin-Tegel (2024) entsprechende Gremien gewählt, in beiden Fällen mit Mehrheiten für Verdi-nahe Listen. Bereits 2014 war im brandenburgischen Brieselang einer der ersten Betriebsräte des Konzerns in Deutschland entstanden, bevor der Standort 2023 geschlossen wurde.
Die Gründung von Betriebsräten bei Amazon gilt als anspruchsvoll. Der eng getaktete Schichtbetrieb, Sprachbarrieren bei einem Großteil der Belegschaft und die komplexe Unternehmensstruktur des US-Konzerns erschweren nach Einschätzung von Verdi die betriebliche Mitbestimmung.
Viele Beschäftigte stammen aus dem Ausland und arbeiten erst seit kurzer Zeit in Deutschland. In den vergangenen drei Jahren habe Verdi an elf von über hundert deutschen Amazon-Standorten Betriebsratsgründungen begleitet.
Beschäftigte, oftmals ohne Wahlrecht zu den Parlamenten, wählen sich in den Betrieben ihre Vertretung.
Boris Bojilov, Verdi-Gewerkschaftssekretär in Berlin-Brandenburg
Trotz dieser Herausforderungen sieht die Gewerkschaft die Entwicklung positiv. Bundesweit seien Amazon-Standorte keine „mitbestimmungsfreien Zonen“ mehr, heißt es. Für Boris Bojilov, Verdi-Gewerkschaftssekretär in Berlin-Brandenburg, sind die jüngsten Entwicklungen „Ausdruck gelebter Demokratie im Betrieb“ und fügte hinzu: „Beschäftigte, oftmals ohne Wahlrecht zu den Parlamenten, wählen sich in den Betrieben ihre Vertretung.“
Der Konzern hat seine Logistik in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. 2015 ließ Amazon seine Pakete noch vollständig durch externe Dienstleister wie DHL, DPD oder Hermes zustellen. Inzwischen betreibt das Unternehmen mehr als 80 Verteilzentren, zehn Sortierzentren und 15 große Logistikstandorte in Deutschland.
Die Zahl der fest angestellten Beschäftigten stieg demnach von rund 16.500 im Jahr 2015 auf aktuell etwa 40.000 Mitarbeiter:innen. Schätzungen zufolge werden täglich zwei bis drei Millionen Amazon-Pakete in Deutschland zugestellt.
Nach Angaben der Gewerkschaft liegt der Marktanteil des Konzerns beim Sendungsvolumen inzwischen bei 15 bis 25 Prozent. Damit habe Amazon in nur einem Jahrzehnt eine dominierende Stellung im deutschen Paketmarkt aufgebaut.
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