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Berliner Stellenmarkt bleibt stabil: Beste Jobaussichten für Facharbeiter und Pfleger
Im Handwerk, der Gesundheitsbranche und im Vertrieb fehlen weiterhin Tausende Mitarbeiter. Anders als in anderen Regionen Deutschlands ist das Stellenangebot in der Hauptstadt stabil.
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Berlin trotzt der Flaute. Während bundesweit das Stellenangebot im dritten Quartal 2025 um mehr als zehn Prozent eingebrochen ist, bleibt die Hauptstadt erstaunlich stabil. Das belegen Zahlen einer exklusiven Analyse von „index Research“, einem Beratungsunternehmen für Personalrecruiting, das Daten aus rund 900.000 Firmenwebsites, 348 Onlinebörsen und 200 Printmedien ausgewertet hat.
Demnach gibt es in Berlin nur 0,4 Prozent weniger offene Stellen als im Vorjahr. Das ist, gemessen an der schwachen Konjunktur, fast ein Stillstand auf hohem Niveau. In Berlin waren zuletzt 240.236 Stellen ausgeschrieben.
„Der Berliner Stellenmarkt steht insgesamt besser da als der Gesamtstellenmarkt“, sagt Index-Chef Jürgen Grenz. Kingt nüchtern, ist aber eine Erfolgsmeldung. Denn während in vielen Regionen der Arbeitsmarkt spürbar abkühlt, hält Berlin sein Niveau – breit aufgestellt, mit klaren Schwerpunkten.
Handwerk bleibt das Rückgrat
Gesucht wird vor allem, wer anpacken kann. Handwerks-, Bau- und Umweltberufe führen mit 44.500 offenen Positionen die Rangliste an. Fast jeder fünfte Job in der Stadt fällt in diesen Bereich. Das ist keine Konjunkturwelle, sondern Dauerzustand: Berlin wächst, saniert, baut, findet aber zu wenig Fachleute, die das umsetzen. Der Fachkräftemangel ist hier kein Schlagwort, sondern tägliche Realität auf Baustellen, in Werkstätten und Betrieben.
Pflege weiter unter Druck
Auf das Handwerk folgt das Gesundheits- und Sozialwesen mit gut 37.700 offenen Stellen. Auch hier gilt: Der Bedarf ist konstant, der Nachschub knapp. Pflegekräfte fehlen an allen Ecken, besonders in Kliniken und sozialen Einrichtungen. Die Arbeit mit Menschen lässt sich nicht digitalisieren, sie bleibt Handarbeit.
Deutliche Bewegung zeigt der Vertrieb. Die Zahl der ausgeschriebenen Verkäufer:innen-Stellen stieg um elf Prozent. Wenn Unternehmen wieder im Bereich Vertrieb einstellen, ist das oft ein Hinweis auf wachsende Zuversicht. Wer aktiv um Kunden wirbt, glaubt an das Geschäft. Berlin zeigt sich damit vorsichtig optimistisch.
Logistik hält die Stadt in Bewegung
Auch Transport und Logistik legten um acht Prozent zu. Der Zuwachs zeigt, wie wichtig diese Bereiche für die Versorgung der Stadt geworden sind. Der Onlinehandel wächst, gleichzeitig braucht es mehr Fahrer:innen für Fahrrad, Auto und Lkw sowie Lagerkräfte. Viele Firmen passen ihre Abläufe an, weil Wege kürzer und Transporte kleinteiliger werden. Logistik und Verkehr gehören damit zu den Bereichen, die Berlin auch in schwächeren Zeiten zuverlässig tragen.
Dieser Anstieg ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil derzeit oft behauptet wird, dass durch Künstliche Intelligenz viele Einstiegsjobs wegfallen werden. Auf den Berliner Stellenmarkt trifft diese These jedoch bislang nicht zu.
Jürgen Grenz von index Research
Die viel beschworene Bedrohung durch Künstliche Intelligenz bleibt bisher aus. Im Gegenteil: Für Young Professionals, also Berufseinsteiger:innen mit Hochschulabschluss, gibt es fast 28 Prozent mehr Jobs. „Dieser Anstieg ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil derzeit oft behauptet wird, dass durch Künstliche Intelligenz viele Einstiegsjobs wegfallen werden. Auf den Berliner Stellenmarkt trifft diese These jedoch bislang nicht zu“, erklärt es Jürgen Grenz von Index.
Berlin bleibt ein Magnet für junge Leute, die digital denken und schnell Verantwortung übernehmen. Start-ups und Beratungen schaffen neue Schnittstellenrollen, in denen Mensch und Maschine zusammenarbeiten – hier ersetzt KI bisher keine Jobs, sie verändert sie.
Akademiker werden weniger gebraucht
Ganz oben dagegen wird gebremst. Managementpositionen gingen um gut 22 Prozent zurück, in der Projektleitung um 19 Prozent. Unternehmen besetzen lieber operative Stellen, die sofort Wirkung zeigen, und schieben neue Führungsstrukturen auf. Auch für akademische Fachkräfte sieht es schlechter aus – minus 17 Prozent.
Die Zahlen zeigen deutlich, wo Berlin steht: Der Arbeitsmarkt lebt vom qualifizierten Mittelbau. Fachkräfte mit Berufsausbildung (75.600 Jobs, plus 10,6 Prozent) und gewerbliche Fachkräfte (60.300 Jobs, plus 5,7 Prozent) machen zusammen fast 60 Prozent aller ausgeschriebenen Positionen aus. Akademische und leitende Stellen verlieren, handwerkliche und praxisnahe Berufe gewinnen.
Helfer gefragt, aber auf niedrigem Niveau
Der Bereich für einfache Tätigkeiten schrumpft weiter. Ungelernte Arbeitskräfte werden weiterhin nachgefragt – mit rund 2.000 ausgeschriebenen Stellen verzeichnet dieser Bereich aber ein Minus von 11,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Berlin sucht keine billigen Hände, sondern Menschen mit Können.
Gleichzeitig nehmen Ausbildungsstellen (9.800, minus 6,8 Prozent) und Praktika (12.100, minus 0,8 Prozent) leicht ab – ein Warnzeichen, dass die Nachwuchsbasis dünner wird, während die Nachfrage steigt.
Am Ende ergibt sich ein präzises Bild: Der Berliner Arbeitsmarkt steht fest auf dem Fundament seiner Fachkräfte. Und genau dort befindet sich der aktuelle Engpass.
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