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Erfolg: Obwohl Karotten es im Brandenburger Boden nicht leicht haben, hat hier jemand ein Bund geerntet. Und bunt sind sie auch noch.

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

Bio-Lebensmittel für Berlin: Kann Brandenburg den Bedarf decken?

Bis 2024 sollen 20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Brandenburg ökologisch bewirtschaftet werden. Aber nicht alles wächst gut auf den Böden.

Von Silvia Passow

Knackfrische Karotten, am Morgen noch im Brandenburger Boden, am Abend Teil einer frischen Bio-Mahlzeit auf Berliner Tellern. Dazu Kartoffeln, Milch, Eier, alles in Bio-Qualität und direkt von nebenan, aus Brandenburg. Klingt logisch: Warum in die Ferne schweifen, wenn Gutes so nah sein kann? Die Waren kommen frisch an und sie haben keine langen, klimabelastenden Transportweg hinter sich. Kann bald der Großteil des Berliner Bio-Bedarfs von Brandenburg geliefert werden?

Es darf ein bisschen mehr sein

Was gut klingt, geben die Böden nur bedingt her: 1,31 Millionen Hektar werden in Brandenburg landwirtschaftlich genutzt, das sind etwa 8 Prozent der gesamtdeutschen Fläche, auf denen Nahrungsmitteln für Mensch und Tier angebaut werden. Auf 15,5 Prozent dieser Brandenburger Flächen wird ökologisch geackert. Bis zum nächsten Jahr sollen es sogar 20 Prozent sein, so lautet das Ziel des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz. Schon jetzt liegt Brandenburg an der Spitze, gemeinsam mit Hessen und dem Saarland, hier werden die meisten landwirtschaftlichen Flächen ökologisch genutzt.

15,5
Prozent der Brandenburger Landwirtschaftsflächen werden nach Bio-Standards bewirtschaftet

Was die Zahlen nicht verraten: Nicht alles wächst gleich gut auf Brandenburgs Äckern, mehr als die Hälfte der Bio-Flächen dienen dem Anbau von Ackerfutter oder sind als Grünland ausgewiesen. Getreide macht nur 29 Prozent der Bio-Flächen aus. Weizen wäre für die Bio-Versorgung von Berlin wichtig, fühlt sich aber nicht richtig wohl in den Brandenburger Böden. Stattdessen gedeihen Roggen und Hafer gut, Bio-Buchweizen entwickelt sich geradezu zu einer Brandenburger Spezialität.

Zu wenig Gemüse

Auch beim Gemüse wäre es wichtig, die Bio-Produkte aus der Region zu bekommen. Aber auch das wird auffallend wenig angebaut. Seit 2012 wird in Brandenburg zwischen Bio und konventionell angebauten Gemüse unterschieden, dabei liegt der Anteil von Bio-Freilandgemüseflächen bei ein Prozent. Spitzenreiter ist hier der Spargel, gefolgt von Freilandgurken, zumeist als Einlegegurken genutzt. Nennenswert sind noch Kürbisse, hier besonders der Hokkaido. Möhren und Zwiebeln, die Basics zum Kochen also, sind allerdings rar. Und obwohl Brandenburg einst als Kartoffelland galt, liegen heute nur drei Prozent der bundesweiten Anbauflächen für Bio-Kartoffeln in Brandenburg.

Bio und sogar CO2-frei transportiert: Ein Brandenburger Bio-Landwirt fährt seine Ernte mit dem Fahrrad die Ernte zum Hofladen.
Bio und sogar CO2-frei transportiert: Ein Brandenburger Bio-Landwirt fährt seine Ernte mit dem Fahrrad die Ernte zum Hofladen.

© ZB / Jens Kalaene

Ähnlich herausfordernd sind die Böden für den Obstanbau. Wenig Bio-Äpfel oder Bio-Erdbeeren kommen aus der Mark. Dafür viele Strauchbeeren wie Sanddorn, Aronia, Holunder und Schwarze Johannisbeere. Die kommen jedoch selten frisch zum Kunden, sondern werden verarbeitet und dann angeboten. Von den auf 41 Hektar angebauten Bio-Heidelbeeren geht fast die gesamte Ernte direkt an die Kunden:innen.

Immerhin beim Bio-Rindfleisch kann Brandenburg ein wenig punkten: Zwölf Prozent des deutschen Bio-Rindfleisches kommt aus Brandenburg. Bei Milchkühen, Schweinen und Geflügel im Bio-Bereich liegt das Bundesland allerdings schon wieder im hinteren Bereich.

Keine Nische mehr

Bio-Produkte sind längst keine Nischenprodukte mehr, sie sind im Alltag und damit auch im Discounter, angekommen. 2021 gaben die deutschen Verbraucher:innen 7,7 Milliarden Euro für frische, ökologisch erzeugte Lebensmittel aus. 2022 brachen die Umsätze nach den starken Jahren der Pandemie wieder ein.

Was das Feld so bereithält: Eine Brandenburger Gemüseernte hat ihren Weg in die Küche gefunden.
Was das Feld so bereithält: Eine Brandenburger Gemüseernte hat ihren Weg in die Küche gefunden.

© Kitty Kleist-Heinrich/Tagesspiegel

Für Michael Wimmer, Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL) „besteht kein Grund zum Abgesang auf den Bio-Boom. Eigentlich stehen wir gut da“, sagt er. Denn viele der Probleme, die nun die konventionelle Landwirtschaft beschäftigen, sind für regionale Bio-Bauern weniger von Belang. Kurze Wege, kein Einkauf von Kunstdünger oder Pestiziden, deren Preise angestiegen sind. Letztere brauchen Bio-Erzeuger schließlich nicht.

Stattdessen brauchen die Produzenten etwas ganz anderes: nämlich Abnehmer für ihre Erzeugnisse. Hier unterstützt die FÖL, so auch bei der Gründung der FBB. „Frisches Biogemüse Brandenburg“ verbirgt sich hinter dem Kürzel. Erzeuger und Verarbeiter haben sich für eine gemeinsame Vermarktung zusammengetan.

Laut dem Bio-Marktbericht Berlin-Brandenburg des Landes Brandenburg gaben die privaten Haushalte 2021 in der Region rund 612 Millionen Euro für frische Öko-Lebensmittel aus. 467 Millionen Euro gaben dafür die Berliner Kunden:innen dafür aus, für rund 145 Millionen Euro kauften die Brandenburger:innen frische Bio-Erzeugnisse ein. Der Speiseplan für Bio-Kunden:innen könnte schon bald mit Kichererbsen und Linsen aus der Region bereichert werden. Der Anbau dieser Eiweißpflanzen wird vom Land Brandenburg im Rahmen der Entwicklung von Wertschöpfungsketten gefördert.

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