
© Dominik Butzmann/ Bearbeitung: Tagesspiegel
Die Stadt als Versuchsanordnung: Warum Berlin zum Reallabor für KI und urbane Infrastruktur werden muss
Über Künstliche Intelligenz wird derzeit viel gesprochen. Über Effizienz, Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit. Was kaum gefragt wird: Was macht KI eigentlich mit unseren Städten – und wie lernfähig sind sie wirklich?

Stand:
Berlin steht exemplarisch für dieses Spannungsfeld. Die Stadt zieht Talente aus aller Welt an, ist Experimentierraum für neue Technologien, Medien und Kultur. Gleichzeitig wirken zentrale Systeme erstaunlich unbeweglich: Bildung, Verwaltung, Weiterbildung, Transfer zwischen Branchen. In einer KI-Wirtschaft ist das kein Randthema mehr, sondern ein Standortfaktor.
Denn KI ist kein Tool, das man einfach einführt. Sie verändert Arbeitsweisen, Rollenbilder und Entscheidungslogiken. Sie verlangt kontinuierliches Lernen – von Organisationen ebenso wie von Städten. Eine lernende Stadt erkennt man nicht an der Zahl ihrer Start-ups, sondern daran, wie schnell Wissen zirkuliert: zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Zivilgesellschaft.
Berlin hätte dafür beste Voraussetzungen. Eine starke Kreativ- und Games-Szene, exzellente Forschung, vielfältige Netzwerke. Was fehlt, ist oft die systematische Verbindung dieser Welten. Weiterbildung wird noch zu häufig als individuelles Problem verstanden, dabei müsste lebenslanges Lernen so selbstverständlich sein wie öffentlicher Nahverkehr. Weiterbildung ist kein Nice-to-have, sondern urbane Infrastruktur.
Besonders sichtbar wird das in der Verwaltung. KI kann Prozesse verbessern – aber nur, wenn Verwaltungen selbst lernfähig sind: offen für Pilotprojekte, dialogbereit mit Wirtschaft und Kreativen – bereit, auch Fehler zuzulassen.
Gerade die Perspektive der Kreativwirtschaft fehlt in vielen KI-Debatten. Dabei geht es hier um zentrale Fragen von Vertrauen, Urheberschaft und kultureller Vielfalt. Berlin kann Vorreiter sein, wenn Kreative nicht nur Inhalte liefern, sondern Mitgestalter der KI-Gesellschaft werden.
Die Frage ist nicht, ob KI kommt. Sie ist längst da. Die Frage ist, ob Berlin den Mut hat, sich als lernende Stadt neu zu erfinden. Diese Frage entscheidet über die Zukunft des Standorts.
In der Kolumne „In der Lobby“ kommentieren führende Köpfe der Berliner Wirtschaft die aktuelle Lage.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: