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Eine Visualisierung eines luxuriöses E-Autos von Dreame, das einem Bugatti ähnelt.

© PR/Dreame

Luxuriöse E-Autos von Staubsaugerfirma?: Chinesischer Konzern erwägt Bau von Autofabrik in Brandenburg

Bekommt Brandenburg nach Tesla ein weiteres E-Autowerk? Ein chinesischer Konzern will prüfen, dort Luxusautos zu bauen. Eine Bürgerinitiative warnt vor „massiven Folgen“ und hat einen konkreten Ort im Verdacht.

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Die einen freuen sich, die anderen schreien auf – und die Landesregierung schweigt: Offenbar prüft das chinesische Unternehmen Dreame Technology, ein Werk für luxuriöse E-Autos in Brandenburg zu bauen. So gab es der Konzern in einer Pressemitteilung Anfang September bekannt, was hierzulande erst jetzt beachtet wurde.

Vorstandschef Yu Hao ist demnach zuvor mit einem Team nach Deutschland gereist, um einen Standort für eine neue Autofabrik auszuwählen. Das Ergebnis: Man erwäge, ein Werk in Brandenburg zu bauen. Dort profitiere der Konzern von der vorhandenen Lieferkette für Komponenten. Das spare Logistikkosten, lautete die Begründung.

Im märkischen Grünheide produziert bereits der US-Hersteller Tesla Elektroautos in einer der größten Fabriken Deutschland. Auf die will sich nun auch Dreame Technology spezialisieren: Ein erstes Modell, ein laut Unternehmen „ultraluxuriöses“ Auto, das auf Künstliche Intelligenz setzt, soll im Jahr 2027 auf den Markt gehen.

Erste Visualisierungen hat das Unternehmen bereits veröffentlicht – und dafür den Vorwurf kassiert, den Sportwagen Bugatti Chiron des französischen Autoherstellers optisch zu kopieren. Laut chinesischen Medien soll Herzstück des Autos eine neue Hochgeschwindigkeits-Technologie für einen Digitalmotor sein. Damit wolle das Unternehmen „das schnellste Auto der Welt“ antreiben.

Bislang entwickelte das Unternehmen intelligente Staubsaugerroboter

Erst in diesem August hatte Dreame Technology verkündet, überhaupt in den Automobilmarkt einzusteigen. Das Unternehmen mit Sitz im chinesischen Suzhou entwickelt und produziert bislang intelligente Haushaltsgeräte wie Staubsauger-Roboter. In einer Finanzierungsrunde im Jahr 2021 soll das Unternehmen rund 563 Millionen US-Dollar (478 Millionen Euro) Kapital eingesammelt haben, auch der große chinesische Elektronikhersteller Xiaomi ist seit Längerem Investor.

Für Aufmerksamkeit rund um die Sondierungspläne in Deutschland gesorgt hat nun der Verein für Natur und Landschaft in Brandenburg: Er warnt in einer Pressemitteilung vor der Ansiedlung von Dreame in Brandenburg. Und bringt ein Industriegebiet an der Autobahn A12 zwischen Fürstenwalde und Langewahl als konkreten Standort dafür ins Gespräch. 430 Hektar soll diese Fläche demnach groß sein, die „Märkischen Oderzeitung“ hatte im Kontext von Bürger:innenprotesten wegen Artenschutzbedenken im Juli darüber berichtet.

Initiative warnt vor „ökologischen und sozialen Folgen“

Vermutlich aus dieser Größenangabe folgert die Initiative nun, die geplante Produktionsanlage dürfte 1,2-mal größer sein als der Tesla-Standort in Grünheide. Der misst nämlich rund 300 Hektar. „Zu erwarten sind ein hoher Bedarf an Wasser, Energie und Arbeitskräften“, kritisiert die Initiative und warnt vor „massiven ökologischen und sozialen Folgen.“

Wie bei der Ansiedlung der Tesla-Gigafactory von Milliardär Elon Musk mangele es an Transparenz, die Bürger würden „völlig unzureichend beteiligt“. Die Verhandlungen des US-Unternehmens mit dem brandenburgischen Wirtschaftsministerium waren lange geheim gehalten worden, dann überraschte das Unternehmen die Öffentlichkeit mit einem Blitzbaustart.

Tesla produziert im brandenburgischen Grünheide Elektroautos in einem der größten Werke Deutschlands. Von dieser Infrastruktur will offenbar auch der chinesische Konzern Dreame Technology profitieren.

© dpa/Patrick Pleul

Bestätigen will auch nun die Pressestelle des Brandenburger Wirtschaftsministeriums Gespräche über eine Ansiedlung Dreames nicht: Man äußere sich „grundsätzlich nicht zu Berichten über etwaige Wirtschaftsansiedlungen“, beobachte Branchenentwicklungen über die Wirtschaftsförderung aber „sehr genau“. Eine Kommunikationsagentur, die das Unternehmen im deutschsprachigen Raum vertritt, war an diesem Montag nicht zu erreichen.

Auch in der für Wirtschaftsförderung zuständigen Abteilung des Landkreises Oder-Spree ist man nicht über solche Pläne informiert, teilte sie auf Anfrage des Tagesspiegels mit. Sollte es diese Absichten geben, würde man sich über einen Zuschlag für den Kreis aber freuen.

Stadt würde sich über Ansiedlung freuen

Keine Bestätigung, aber eine positive Einschätzung – so positioniert sich auch die Verwaltung der Stadt Fürstenwalde im Kreis Oder-Spree. Nur aus der Presse habe man von Ansiedlungsabsichten erfahren. „Obwohl das für Fürstenwalde/Spree ein großer Glücksfall wäre, sehen wir derzeit noch keinen Grund zur Freude. Uns sind bislang keine Pläne dieser Größe für eine Ansiedlung am Standort Fürstenwalde/Spree bekannt“, sagt Bürgermeister Matthias Rudolph.

Angesprochen auf den von Dreame Technology angegebenen Standortbesuch in Brandenburg heißt es weiter: „Solche Besuche finden in der Regel in sehr kleinen vertraulichen Kreisen statt, von denen auch eine Stadtverwaltung und ein Bürgermeister im ersten Schritt nicht unbedingt Kenntnis erlangen.“

Wäre ein solches Riesenwerk, wie es die Initiative befürchtet, aber realistisch? Dagegen könnte sprechen, dass sich Dreame Technology offenbar vorerst mit einem Luxus-Modell auf ein Nischensegment konzentrieren will. Das dürfte kleinere Produktionszahlen bedeuten. Auch aus der Pressestelle des Wirtschaftsministeriums heißt es, Flächen in der Größenordnung des Tesla-Standorts seien in Brandenburg aktuell nicht entwickelt. Das schließt die Ansiedlung einer solch großen Fabrik nicht aus, sie würde aber länger dauern.

Dass es keine ausgewiesene Fläche für eine Industrieansiedlung in der Tesla-Größenordnung in ihrem Gebiet gebe, teilt auch die Verwaltung der Stadt Fürstenwalde/Spree mit. Das von der Bürgerinitiative erwähnte Areal, das im Februar zum „Vorsorgestandort“ ausgewiesen wurde, sei 80 Hektar groß. Aber: Im Umfeld stünden weitere Flächen zur Verfügung, „deren Eignung noch nicht abschließend festgestellt ist“.

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