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Game stream concept, Male streamer feeling stressed after live streaming of losing game tournament.

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Medienschaffende in Berlin und Brandenburg: KI ist Motor für Fortschritt und Stimmungskiller zugleich

Berlins Medienwirtschaft bleibe zwar kreativ, gerät aber zunehmend unter Druck. Das nagt am Optimismus der Branchen, wie die Autoren des jüngsten „Medienbarometers“ ermittelt haben.

Stand:

Künstliche Intelligenz (KI) als neuste Technologie ist in der Berliner Medien-, Film- und Gameswirtschaft angekommen – aber nicht der Optimismus. Das von Verband Medianet Berlin-Brandenburg am Donnerstag vorgestellte Medienbarometer 2025 offenbart einen deutlichen Realitätscheck für die Hauptstadtregion: Nur ein Drittel der Unternehmen erwartet steigende Umsätze, viele blicken mit Skepsis auf das Jahr.

Besonders düster ist die Stimmung in der kreativen Tech-Branche – nur 23 Prozent der Unternehmen glauben noch an eine positive Entwicklung am Standort. So schlecht war das allgemeine Geschäftsklima zuletzt zu Pandemiezeiten.

„Wir erleben gerade einen paradoxen Moment: Die Innovationskraft ist da, die Technologie entwickelt sich rasant – aber die wirtschaftliche Zuversicht bröckelt“, sagt Jeannine Koch, Geschäftsführerin von Medianet Berlin-Brandenburg. Berlin bleibe kreativ, aber zunehmend unter Druck.

Jeannine Koch, Geschäftsführerin von Medianet Berlin-Brandenburg, und Helge Jürgens, Geschäftsführer vom Medienboard Berlin-Brandenburg, stellen Medienbarometer 2025 vor.

© Alix Faßmann

Passend zum diesjährigen Schwerpunkt – „Künstliche Intelligenz in der Medienwirtschaft“ – zeigen die Ergebnisse: KI wird mehr und mehr gelebte Praxis. 56 Prozent der Unternehmen nutzen KI bereits aktiv, vor allem in Design, Text- und Content-Produktion. Weitere 33 Prozent experimentieren mit Anwendungen, nutzen es zum Beispiel für ungeliebte Routinearbeiten. Dennoch bringt der technologische Schub bisher wenig greifbaren, wirtschaftlichen Erfolg: Nur 29 Prozent berichten von konkreten Erträgen durch KI-Einsatz.

Künstliche Intelligenz braucht rechtliche Grundlagen

„KI wird für uns in der Medienwirtschaft das, was die Dampfmaschine für die Industrie war“, sagt Helge Jürgens, Geschäftsführer des Medienboard Berlin-Brandenburg. „Aber wie damals braucht es heute klare Regeln, Förderung und Menschen, die mit ihr arbeiten können.“ Denn obwohl 96 Prozent der befragten Unternehmen KI als Schlüsselfaktor verstehen, machen ihnen für einen wertschöpfenden Einsatz vor allem die rechtlichen Grundlagen Sorgen.

Beispiel für die Rechtsunsicherheit: Die GEMA hatte im November 2024 eine Musterklage gegen mehrere KI-Unternehmen eingereicht, weil diese urheberrechtlich geschützte Musikwerke ohne Lizenz für das Training ihrer KI-Modelle genutzt haben sollen. Die Verwertungsgesellschaft sieht darin eine Verletzung der Rechte ihrer Mitglieder und fordert Transparenz sowie Vergütung.

Vergleich zum Vorjahr: Ernüchterung statt Euphorie

Noch im Medienbarometer 2023/2024 herrschte unter dem Schwerpunktthema „Nachhaltigkeit“ vorsichtiger Optimismus. Die wirtschaftlichen Erwartungen waren verhalten positiv, der Geschäftsklimaindex lag bei 129,2 Punkten. Die Hoffnung: Durch Nachhaltigkeitsinitiativen und neue Förderkulissen könnte sich Berlin als Vorreiterregion positionieren.

Das Thema Nachhaltigkeit ist 2025 ziemlich in den Hintergrund gerückt. Es geht vor allem ums Geld: Steigender Kostendruck, fehlende Investitionen und ein gestiegener bürokratischer Aufwand sind die aktuell größten Hürden der befragten Medienunternehmen. Nur 32 Prozent erwarten steigende Umsätze. Und das liege nicht nur an dem Befragungszeitraum von Februar und März 2025, in dem sowohl international als auch national große politische wie wirtschaftliche Unsicherheiten vorherrschten, schätzt Koch die Lage ein.

Steuerliche Anreize für Film und Games

Die Standortbedingungen machen vor allem Sorgen. Nur eine Minderheit sieht Berlin im internationalen Wettbewerb gut aufgestellt. Besonders Film- und Gamesbranche fordern politische Impulse: 95 Prozent der Filmproduzent:innen befürworten steuerliche Anreizmodelle, wie sie andere europäische Länder bieten, um die Produktionskraft vor Ort zu halten. Und wie sie schon lange in der Filmbranche diskutiert werden. Der neue Koalitionsvertrag der Bundesregierung mache jedoch diesbezüglich Hoffnung, sind sich Koch und Jürgens einig.

In der Games-Branche sehen 66 Prozent einen solchen Hebel für internationale Wettbewerbsfähigkeit. Auch die oft diskutierte Investitionsverpflichtung für Streamingdienste stößt auf breite Zustimmung – 87 Prozent der Filmfirmen unterstützen sie. „Wenn wir nicht schleunigst gegensteuern, droht der Standort im globalen Wettbewerb abgehängt zu werden“, warnt Hinrich Holm, Vorstand der Investitionsbank Berlin. „Wir brauchen strukturelle Reformen, die Kreativität belohnen, nicht behindern.“

Fachkräftemangel und Wohnraumkrise bleiben ungelöst

Der Fachkräftemangel bleibt ein Dauerbrenner. 72 Prozent der Unternehmen sehen ihn als zentrales Risiko. Die Lage wird durch die Wohnraumsituation verschärft: 47 Prozent der Befragten nennen die angespannten Mietmärkte als Hindernis für Wachstum. Besonders kleine Studios und Start-ups spüren diese doppelte Belastung bei der Rekrutierung neuer Talente.

Game-Industrie braucht Leuchttürme

Ein zentrales Zukunftsprojekt der Games-Branche in der Hauptstadt soll bald zum Leuchtturm werden: Das „House of Games“, das seit zweieinhalb Jahren vom Medianet Berlin-Brandenburg geplant wird, soll im kommenden Jahr auf einer noch unbekannten 15.000 Quadratmeter großen Fläche in Berlin eröffnen. Details dazu will der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im Juni vorstellen.

Den Deutschen Computerspielpreis, den Wegner erst Mittwochabend im Palais am Funkturm verlieh, hätte er auch gern dauerhaft als Aushängeschild in Berlin, und nicht im Wechsel mit München. Entscheidend seien die internationale Sichtbarkeit und verlässliche Rahmenbedingungen für alle kreativen Branchen – ohne riesigen bürokratischen Aufwand.

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