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Mehr Fakten, weniger Wünsche: Wirtschaft empfiehlt Berlin gute Vorsätze
Zu oft spielen gefühlte oder gewünschte Fakten eine Rolle in der Berliner Lokalpolitik, zu selten unbestreitbare Tatsachen, meint unser Kolumnist von den Unternehmensverbänden
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Für gute Vorsätze ist es nie zu früh. Aus meiner Sicht darf sich Berlin für 2026 gerne vornehmen, Debatten um die Wirtschaftspolitik mit mehr Wahrhaftigkeit und Sachlichkeit anzureichern. Anders gesagt: Zu oft spielen gefühlte oder gewünschte Fakten eine Rolle, zu selten unbestreitbare Tatsachen. Das zeigt sich etwa am Streit um die von SPD und CDU geplante Ausbildungsplatzabgabe.
Sie wird mehr schaden als nutzen, sagen Unternehmen nahezu einhellig. Vor allem den stark fokussierten und spezialisierten Start-ups und Tech-Firmen. Sie brauchen für ihre Geschäftsmodelle Akademiker, keine Menschen mit dualer Ausbildung.
Mit den absehbaren Strafzahlungen, die auf diese Betriebe zukommen, steigt das Risiko, dass viele die Stadt verlassen. Die Folge ist, dass Beschäftigung und Steuereinnahmen sinken. Dabei sollen gerade diese Unternehmen die Zukunft der Wirtschaft sein.
Auch beim Geld agiert die Politik oft realitätsvergessen. Berlin gibt viel mehr aus, als es hat, der Schuldenberg wächst. Der Etat 2026/27 wird trotzdem als gerecht und zukunftsfähig gepriesen, viele Ausgaben als unverhandelbar. Bei geliehenem Geld ist indes eines sicher: Die Pflicht zur Zinszahlung kommt – was heute als Wohltat erscheint, begrenzt morgen den Spielraum des Finanzsenators.
Fakten hemmen den Erzählfluss – das gilt auch und gerade beim Thema Verkehr. Ein Volksbegehren will erreichen, dass Bürgerinnen und Bürger nur noch zwölfmal im Jahr mit dem Auto in die City fahren dürfen. Dass so tausende Arbeitsplätze und viele Einzelhandelsbetriebe in Gefahr geraten, ist an keiner Stelle ein Thema.
In allen Fällen liegt es auf der Hand: Einige Zusammenhänge in der Wirtschaft lassen sich nicht auflösen, ist der Wunsch danach auch noch so groß. Gute Politik bedeutet, dies nicht aus dem Blick zu verlieren.
In dieser Kolumne kommentieren führende Köpfe der Berliner Wirtschaft die politische Lage.
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