zum Hauptinhalt
Regine Kiepert in ihrem Laden, der Schropp Reisebuchhandlung.

© Sven Darmer/Sven Darmer

Mein erster Job: Staubige Aktenordner in der Buchhandlung ausgeheftet

Buchhändlerin Regine Kiepert hat schon als kleines Kind bei ihrem Vater, dem bekannten Robert Kiepert, im Laden geholfen. Auch Prospekte zu falzen und zu heften gehörte dazu.

Eine Kolumne von Regine Kiepert

Stand:

Das Alltagsleben in unserer Familie war schon immer geprägt von der Arbeit und dem gemeinsamen Miteinander. Unser Vater war nicht nur Buchhändler, sondern auch Tischler, Elektriker, Klempner. Alles baute er selber, Regale, praktische Bücherrollkarren, Lüftungssysteme für die Büchergalerie oder ganze Messestände. Jeden Sonntag hieß es daher für uns „Kinder, ihr müsst mitkommen zum Halten“, so als wären wir lebende Schraubzwingen.

Jeden Sonntag hieß es daher für uns ‘Kinder, ihr müsst mitkommen zum Halten’ so als wären wir lebende Schraubzwingen.

Regine Kiepert, Inhaberin der Reisebuchhandlung Schropp

Irgendwann im Teenageralter konnten wir diese familiären Dienstleistungen dann als Job bezeichnen. Sie wurden entlohnt mit drei bis fünf DM und eventuell einer Staubzulage für tagelanges Ausheften alter staubiger Aktenordner. Diese wurden anschließend gereinigt und zur Wiederverwendung vorbereitet.

Vorwiegend fanden die „Kiepert Jobs“ im schummrigen, labyrinthischen Keller unter der Buchhandlung statt. Dort gab es viele Räume mit meterlangen, gut gefüllten Bücherregalen, das sogenannte Lager. Bücher mussten vorgehalten werden, denn die Lieferungen aus Westdeutschland dauerten lange.

Die Serie „Mein erster Job“ erscheint in unregelmäßigen Abständen im Tagesspiegel.

© Tagesspiegel

In diesem gigantischen Kellerlabyrinth gab es viele kleine Räume, in denen zahlreiche Maschinen standen. Diese Maschinen waren das Herzstück der Werbemittelproduktion der Buchhandlung. Es ging um die Herstellung und den Vertrieb von Fachbuchkatalogen und Buchprospekten.

Die auf Metallfolien geätzten Druckvorlagen mussten in die Offsetdruckmaschine eingespannt werden, viel schwarze Druckerpaste wurde verspachtelt, dann ratterte die Maschine und tausende bedruckte Seiten stapelten sich. Auf langen Brettern haben wir die einzelnen Seiten der Fachbuchkataloge ausgelegt und zusammengetragen. Anschließend ging es an die Falzmaschine und an wieder einer anderen Maschine wurden die gefalteten Prospekte zusammengeheftet.

Nun mussten noch die Adressen aufgedruckt werden. Dafür gab es die Adresskartei. Adressen, auf tausenden, einzelnen Metallplättchen eingestanzt, ähnlich prädigitaler Lochkarten, flitzten durch eine Maschine und wurden auf den Katalog gedruckt.

Die Reisebuchhandlung Schropp in Charlottenburg und die legendären Büchermobile von Kiepert.

© Sven Darmer/Sven Darmer

Alles fand unter großem Zeitdruck statt, denn es durfte zwischen redaktioneller Fertigstellung des Kataloges und dem Versand an die Kunden nicht mehr als zwei Wochen vergehen. Heute brauche ich für den Versand meiner Newsletter nicht mehr als eine Minute. Ein paar Hundert D-Mark habe ich pro Katalog verdient und gespart für Reisen mit dem Interrail-Ticket.

20 Jahre später, nach meiner Buchhandelslehre, meinem Geografiestudium und der Übernahme der geografischen Fachbuchhandlung Schropp, habe ich in den 90ern die Marketingabteilung der Buchhandlung Kiepert übernommen. Allerdings hatte ich dann ein eigenes Büro, und die Maschinen im Keller wurden durch moderne Technik ersetzt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })