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Biergarten „Luise“ in Berlin-Dahlem.

© imago/Joachim Schulz (Archivbild)

Nach Corona ging’s bergab: Biergarten „Luise“ in Berlin-Dahlem schließt zum Jahresende

Schluss mit der Kastanien-Romantik im Südwesten der Hauptstadt: Die steigenden Kosten machten das beliebte Biergarten-Restaurant zunehmend unrentabel.

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Über der deutschen Gastronomie hat sich ein Sturm zusammengezogen – aber was er anrichtet, wird selten weithin sichtbar. Bei der Dahlemer „Luise“ ist das anders, denn dieses beliebte Biergarten-Restaurant ist über die Berliner Grenzen hinaus bekannt. Und wer um die Ecke an der Freien Universität studiert hat, weiß ohnehin Bescheid über die Villa mit den großen Kastanien drumherum. Zum Jahresende ist Schluss mit der Dahlemer Romantik, Schluss mit einem der ältesten Berliner Restaurants.

Der Grund: Es ist die Wirtschaft, die den Wirtschaften immer stärker zu schaffen macht. Seit Corona ging es mit der Gastronomie bergab, nicht nur wegen der unmittelbaren Krise, sondern vor allem wegen der Folgekosten. Seit 2019, so sagte Eigentümer Matthias Wegert der „B.Z.“, seien Wareneinsatz und Energie um rund 70 Prozent teurer geworden, Personalkosten seien um 50 Prozent gestiegen. Und das habe den Umsatzzuwachs durch Preiserhöhungen komplett verschlungen.

Wegert verwies auch auf das gebrochene Versprechen von Bundeskanzler Olaf Scholz, die Reduzierung der Mehrwertsteuer für die Gastronomie auf Dauer beizubehalten, ein Nackenschlag für die Branche. Die absehbare erneute Senkung im kommenden Jahr ist aber in diesem Fall zu spät gekommen – zumal ihre Effekte durch die Erhöhung des Mindestlohns vermutlich aufgehoben werden.

Die „Luise“ liegt direkt am U-Bahnhof Dahlem-Dorf.

© IMAGO/Schoening

Die trifft aber gerade typische Ausflugslokale wie die „Luise“, die in der Biergartensaison ihr Personal durch Zeitkräfte aufstocken müssen. In der „Luise“ gibt es gegenwärtig rund 40 Mitarbeiter, davon 27 in Vollzeit – allen wurde zum Jahresende gekündigt. Sorgen um ihre Zukunft müssen sie nicht haben, denn Gastro-Fachkräfte werden trotz Krise überall gesucht.

Erbe von Foto-Radio-Wegert

Um hohe Pachten ging es in diesem Fall ausnahmsweise nicht, denn Matthias Wegert ist auch Eigentümer des gesamten 3000-Quadratmeter-Grundstücks und privat vermutlich ohne finanzielle Schwierigkeiten. Er war Erbe des West-Berliner Technik-Imperiums Foto-Radio-Wegert, hat sich nach dem Ende des Unternehmens stark auf die brandenburgische Landwirtschaft konzentriert und investierte in die Mozzarella-Produktion „Paolella“, deren Büffelkäse auch im Angebot der „Luise“ eine große Rolle spielt.

Die Küche blieb über die Jahrzehnte unspektakulär, pendelte zwischen Region und Welt, war bekannt für Steinofenpizza und sommerliche Biergartenklassiker, für Familienfeiern, Fußballgucken, Schnitzelessen. Aktuell läuft sich die Küche warm für die letzte Gänsebratensaison, und die Preise spiegeln die Kostensituation – für eine ganze Gans für vier Personen mit Suppe und Dessert sind 229 Euro fällig.

Wegert hat das Grundstück Mitte der Neunziger übernommen, als die „Luise“ etwa 30 Jahre alt war – Details über die Gründung sind nicht mehr bekannt, aber in den Wirren der Studentenbewegung diente der Biergarten als Ruhepunkt. Hier saßen die Studenten zusammen, während ihre Professoren eher im „Altensteiner Krug“ theoretisierten. Es soll nach Wegerts Aussagen weiterhin Gastronomie in der Villa geben, ein kleines Café oder Bistro, das von einem Pächter betrieben wird.

Der Biergarten hingegen ist Geschichte, denn dort soll ein Gebäude mit acht Wohnungen entstehen. Gänzlich biergartenfrei wird der Ortsteil dadurch aber nicht, denn in der Nähe gibt es beispielsweise den „Alten Krug Dahlem“, das Gasthaus auf der Domäne und die „Eierschale“, und auch das „Chalet Suisse“ im Grunewald und andere traditionelle Ausflugsrestaurants bestehen nach wie vor. Studenten zieht es allerdings abends auch hier eher in die Stadtmitte, dorthin, wo sie auch wohnen.

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