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Das Technologieunternehmen Theion aus Berlin-Adlershof entwickelt eine Batterie auf Basis der Kristallschwefel-Technologie als Alternative zum Lithium-Ionen-Akku.
Das Theion-Team

© Theion

Neue Anwendung für Berlins Batterie-Startup: Theions Schwefel-Batterie geht in die Luft

Das Berliner Start-up Theion verspricht eine revolutionäre Batterie: leicht, leistungsfähig, kostengünstig und umweltfreundlich. An der Lithium-Schwefel-Technik haben sich auch schon andere versucht, aber Theion will die einschlägigen Probleme dank seines Masterminds Marek Slavik gelöst haben.  

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Die ersten Batterien, die in Serie gebaut werden, sollen in die Luft gehen. In Flugzeuge, vertikal startende Fluggeräte (eVTOL) sowie in zivile und militärische Drohnen sollen die Energiespeicher von Theion eingebaut werden. Daran hat auch Lukasz Gadowski Interesse. Er ist einer der bekanntesten Gründer und Risikokapitalgeber in Deutschland. Gadowski ist an eVTOL-Herstellern beteiligt und einer der wichtigsten Investoren bei Theion.

Anteile hält auch der frühere Vorstandsvorsitzende von Thyssenkrupp, Gerhard Cromme, der Vorsitzender des Beirats ist. Außerdem dabei sind die Brüder Ferdinand und Alfred Oetker sowie das Energieunternehmen Enpal, ebenfalls eine Gründung von Gadowski.

Der Berliner Unternehmer Lukasz Gadowski ist seit vielen Jahren in der deutschen Start-up-Szene aktiv. Der privaten Hochschule ESMT stiftete er eine Professur.

© ESMT

Für seine Fluggeräte braucht der Deutsch-Pole leichte und leistungsfähige Batterien. Genau die soll ihm die Lithium-Schwefel-Zelle liefern. Erst nach den Fluggeräten kommen E-Autos an die Reihe. Theion strebt letztlich eine fünfmal so hohe Energiedichte an wie bei den heutigen NMC-Zellen, die eine Kathode aus Nickel, Mangan und Kobalt haben. Sehr gute NMC-Zellen kommen im Moment auf 300 Wattstunden pro Kilogramm Gewicht (Wh/kg). Theion will mit der ersten Generation seiner Serienzellen 500 Wh/kg erreichen, danach 1000 Wh/kg und noch viel mehr.

Bund und EU fördern Technologie

„Das Gute ist: Wir wissen, wie wir dahin kommen“, sagt Geschäftsführer Ulrich Ehmes. Lithium-Schwefel-Batterien und ihre theoretisch sehr hohe Energiedichte sind seit Jahrzehnten bekannt. „Aber die Zellchemie ist sehr knifflig“, sagt der international renommierte Batterieforscher Philipp Adelhelm von der Humboldt-Universität Berlin. Gleichwohl sei Schwefel am Berliner Helmholtz-Zentrum „ein strategisches Thema“. Adelhelm hat ein gemeinsames Projekt mit Theion. Auch der Bund gibt Fördergeld. Die EU hat das Projekt Talissman für die Lithium-Schwefel-Technologie gestartet.

Theion setzt bei seiner neuartigen Zelle an der Anode Lithiummetall statt des üblichen Graphits ein. An der Kathode ist es nicht NMC oder Lithium-Eisenphosphat (LFP), sondern Schwefel.

Die Technologie hat vor allem mit zwei Problemen zu kämpfen, und genau die hat nach Aussage von Ehmes der Wissenschaftliche Leiter und Gründer von Theion, Marek Slavik, gelöst. „Deshalb arbeiten wir alle hier“, sagt Ehmes. Und Technologiechef Martin Schaupp betont: „Unser Vorteil ist die Technologie, da spielen wir auf einem anderen Spielfeld als die Amerikaner und Asiaten.“

Unser Vorteil ist die Technologie, da spielen wir auf einem anderen Spielfeld als die Amerikaner und Asiaten.

Martin Schaupp, Technologiechef

Theion ist der einzige europäische Hersteller von Lithium-Schwefel-Batterien. In den USA gibt es drei Start-ups auf diesem Gebiet, das größte ist Lyten, an dem auch Stellantis beteiligt ist. In Ostasien arbeiten die arrivierten Batterieproduzenten LG und Gotion an der Technologie, außerdem vier kleinere Unternehmen. „Wir sind keine Exoten“, versichert Ehmes.

Das Technologieunternehmen Theion aus Berlin-Adlershof entwickelt eine Batterie auf Basis der Kristallschwefel-Technologie als Alternative zum Lithium-Ionen-Akku. 

© Theion

Theion verwendet beim Schwefel als einziger Hersteller eine spezielle Kristallstruktur. Die schaffte in Knopfzellen bereits 500 Ladezyklen, in Tests der Drexel University in Philadelphia sogar 4000. Die Leistungsfähigkeit der Metall-Anode wurde vom Institut Fraunhofer IWS in Dresden bestätigt, versichert Ehmes.

Serienproduktion ab 2028

Der Firmenname Theion ist Altgriechisch für Schwefel. In den verschiedenen Räumen des Labors werden unzählige Knopfzellen getestet. Zu sehen ist aber auch schon das Modell einer kleinen Pouch-Zelle, die Ende des Jahres hergestellt werden soll. Eine Pouch-Zelle ist eine Art Lithium-Ionen-Batterie, die sich durch ihre weiche, flexible und leichte Verpackung auszeichnet. Es fängt an mit einer einlagigen Zelle, dann wird gestapelt (Multi Layer Pouch Cell).

2026 will Theion mit der Industrialisierung beginnen und ab 2027 eine Zelle im großen Format herstellen, wie es in der Branche üblich ist. Pouchzellen sehen aus wie eine überdimensionierte Tafel Schokolade in Alufolie. 2027 sollen die Kunden die Zelle testen können. In den Jahren ab 2028 soll die Serienproduktion folgen, plus Lizenzierung für Massenhersteller. „Viele Kunden warten schon auf unsere Zelle“, sagt Schaupp.

Theion hat zurzeit 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wächst aber. „Wir suchen auf der ganzen Welt“, sagt Ehmes. Die Ingenieure, Chemiker, Materialwissenschaftler kommen aus Italien, Spanien, Polen, Albanien, Thailand, Indien, Iran und Südkorea. „Sie müssen von der Einstellung her für ein Start-up geeignet sein“, sagt Ehmes, „also flexibel und lösungsorientiert sein und keine Angst vor Fehlern haben.“ Ein Beispiel: Im Labor steht eine besondere Pumpe, die regulär 12.000 Euro kosten würde. Die Leute von Theion haben sie selbst nachgebaut. Materialkosten: 150 Euro.

Die Welt verbessern

Schaupp sagt, seine Kolleginnen und Kollegen seien zu Theion gekommen, „weil wir eine Vision haben, die Impact hat, die die Welt wirklich besser macht“. Innerhalb der kommenden fünf Jahre soll das Unternehmen Gewinne erzielen.

Die drei führenden Köpfe von Theion sind erwartungsgemäß schon länger in der Branche unterwegs. Der slowakische Materialwissenschaftler Marek Slawik stieß vor mehr als zehn Jahren auf Schwefel und seine Vorteile als Kathodenmaterial. In Unternehmen in Tschechien, Norwegen und der Schweiz arbeitete er an seinen Ideen, bevor er 2021 Theion gründete. 2022 kam Ulrich Ehmes als Geschäftsführer dazu. Der Ingenieur für Elektrotechnik hatte unter anderem für den Batteriehersteller Leclanché gearbeitet.

Später baute er für den Maschinenbauer Manz in Tübingen einen Reinraum und eine Zellentwicklung auf. Dort wollte Apple die besten Pouchzellen der Welt herstellen. Nachdem der Tech-Konzern das Interesse verloren hatte, übernahm Customcells die Anlagen. In Tübingen lernte Ehmes Schaupp kennen und holte ihn 2023 zu Theion.

Das ist die gekürzte Version eines Artikels, der zuerst in unserem Fach-Briefing „Background Verkehr & Smart Mobility“ erschienen ist.

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