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Passantinnen flanieren auf dem Kurfürstendamm in Charlottenburg. Wichtiger als Geschäfte werden Bars und Restaurants.

© imago/Joko

Studie zur Belebung der Einkaufsstraßen: So ticken die Shopper zwischen Ku’damm und Hackeschen Höfen

Online-Handel und Konsumflaute zum Trotz: Es gibt Chancen für den stationären Einzelhandel, belegt eine Studie. Im bundesweiten Vergleich schlagen sich Berliner Einkaufsstraßen überdurchschnittlich gut im Urteil der Passanten.

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Der Online-Handel kann den stationären Geschäften nicht viel anhaben, wenn deren städtische Umgebung stimmt und sie sich den wechselnden Anforderungen anpassen. Und Berlin ist mit seinen Einkaufsstraßen sogar recht gut aufgestellt für diesen Kampf. Dies ist das Ergebnis der landesweiten Passantenbefragung „Vitale Innenstädte 2024“ durch das Marktforschungsinstitut IFH Köln. Das Ergebnis, das auf 69.000 Interviews beruht, wurde am Dienstag bei der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK) vorgestellt.

In Berlin waren City West, die Schlosstraße Steglitz und die Hackeschen Höfe einbezogen – das hing mit den Auftraggebern zusammen, zu denen neben der IHK und dem Handelsverband HBB auch AG City und die Wirtschaftsförderung Steglitz-Zehlendorf gehörten, zudem die Pentanex GmbH, die die Hackeschen Höfe betreibt. In der Summe gaben die Befragten diesen Zentren die Schulnote 2,3. Das liegt leicht über dem bundesweiten Mittelwert von 2,5.

Die wichtigsten Kritikpunkte, für Berlin nicht untypisch, betrafen die mangelnde Sauberkeit, die fehlenden Toiletten und die Sicherheit. Generell sorgen sich die Passanten aber vor allem um Leerstand und Ladensterben, „Painpoint Nummer 1“, wie es IFH-Geschäftsführer Boris Hedde nennt. Aus seiner Sicht gibt es nicht den „typischen“ Innenstadtbesucher, vielmehr müssten die Segmente differenziert betrachtet werden. So wird die City West mehrheitlich von externen Gästen, überwiegend wohl Touristen, besucht, während Hackesche Höfe und besonders die Schlossstraße fast ausschließlich von Einheimischen genutzt werden.

Die Skulptur einer Einkaufstasche warb am Kurfürstendamm 2023 für das Projekt „BLVD Ku’damm“.

© Cay Dobberke / TSP

Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei knapp 45 Jahren, in der Schlosstraße waren es 47,3 Jahren. Dies entspreche weitgehend der deutschen Bevölkerungsstruktur, sagte Hedde, es seien beim Innenstadt-Shopping also auch alle Altersstufen vertreten. Insbesondere die Auffassung, jüngere Menschen kauften nur noch im Internet, sei deshalb nicht zu halten.

Gastronomie gewinnt stark an Bedeutung

Deshalb wandte sich Hedde auch gegen Konzepte, die eine Belebung der Innenstädte auch ohne Handel und Wirtschaft anstreben. Weiterhin – und seit 2020 nahezu unverändert – ist der Einkaufsbummel mit rund 60 Prozent der Nennungen das wichtigste Motiv eines Besuchs. Überraschend stark zugenommen hat dagegen das Thema Gastronomie/Restaurants/Bars, das in diesem Zeitraum von 25 auf 40 Prozent gestiegen ist. Uwe Timm von der AG City sah sich in seiner Auffassung bestätigt, dass hier ein wesentlicher Hebel für die Zukunft der West-City zu finden sei.

Weitere Themen in abfallender Folge: Sightseeing, Dienstleistungen, Behörden- und Arztbesuche, Freizeit und Kultur. Hedde folgert daraus, dass es zum Konzept der multifunktionalen Innenstadt keine Alternative gebe. Für die Akteure der Revitalisierung der Inenstadt bedeute dies, alle Phasen des Aufenthalts zu optimieren. Dies reicht von der Anfahrt über Sauberkeit und Zustand der Grünflächen bis hin zu touristischen Attraktionen.

Die Aufenthaltsqualität ist nach der Erhebung der wichtigste Magnet einer erfolgreichen Einkaufsstraße, gefolgt vom Erlebniswert, Gebäuden, Einzelhandelsangebot und Sauberkeit. Überraschend stehen Themen wie Parkplätze, Auto- und Fahrradfreundlichkeit und Erreichbarkeit mit dem ÖPNV ganz hinten auf dieser Liste. Geht es hingegen um erwünschte Verbesserungen, werden in der City West vor allem Maßnahmen gegen Brachflächen und Leerstand, während in der Schlosstraße und am Hackeschen Markt vor allem der Mangel an öffentlichen Toiletten hervorgehoben wird.

Manja Schreiner, die Hauptgeschäftsführerin der IHK, forderte deshalb kreative Nutzungskonzepte gegen Leerstand und mehr Flexibilität in der Genehmigungspraxis. Philip Haverkamp vom Handelsverband setzte sich für eine gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten für mehr Sauberkeit ein, und Uwe Timm hob das Konzept der „Business Improvement Districts“ hervor, die die gemeinsame Anstrengung aller Gewerbetreibenden für bessere Aufenthaltsqualität bündeln und finanzieren.

Vor allem müssten brachliegende Baustellen abgebaut werden. David Kastner, Chef der Hackeschen Höfe, wurde grundsätzlicher: Er beklagte vor allem die komplett fehlende Unterstützung des Bezirksamts Mitte.

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