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Da fehlt es noch an der Barrierefreiheit. Ein Rollstuhl steht unter einer Treppe in einem Wohnhaus.

© dpa

Viele Berliner Seniorenwohnungen nicht barrierefrei: Wenn man nur mit fremder Hilfe aus dem eigenen Haus kommt

Bewohner eines Hauses fordern seit Jahren eine Rampe statt Stufen zur Straße. So geht es vielen: Nicht mal ein Prozent der Gewobag-Seniorenwohnungen sind barrierefrei.

Vier Stufen trennen die Bewohner der Berliner Kluckstraße 23/23a von einem selbstbestimmten Leben. Vier Stufen, die zum Gehweg hinunterführen. Vier Stufen, die man mit Rollator oder Rollstuhl nicht alleine überwinden kann.

Bis Mitte der neunziger Jahre wurden die Wohnungen in dem Haus in Tiergarten Süd nur an Menschen vermietet, die älter waren als 55 Jahre. Heute sind viele von ihnen in ihrer Mobilität eingeschränkt.

Seit 2020 bemühen sich die Bewohner darum, bei der landeseigenen Gewobag, der das Haus gehört, Gehör zu finden für ihr Anliegen: Sie möchten eigenständig ihr Haus verlassen können. Dafür müsste der Eingang barrierefrei gestaltet werden. Das ist bis heute aber nicht passiert.

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Seniorenwohnungen von insgesamt 3446 der Gewobag sind barrierefrei.

„Wir schätzen, dass mehr als 10 Mieter:innen einen Rollator als Hilfsmittel benötigen“, schrieben zwei Bewohner stellvertretend für 16 weitere Ende März an die Gewobag. „Für sie ist das Verlassen und Betreten des Hauses ohne fremde Hilfe (von zufälligen Passanten der Straße oder anderen Nachbar:innen) unmöglich.“

Zwar seien auch die Wohnungen nicht barrierefrei. Trotzdem könne man sie mit einem Rollator noch benutzen. Dafür bräuchte es eine kleine Baumaßnahme: „Eine Rampe ist für uns notwendig, weil das Treppensteigen schwerfällt, wir uns am Geländer festhalten müssen und es unmöglich ist, gleichzeitig den Rollator mitzutragen.“

Nicht nur ein Gewobag-Problem

Mangelnde Barrierefreiheit ist kein alleiniges Problem der Gewobag. Erst vor wenigen Tagen wurde eine Studie vorgestellt, der zufolge nur 600.000 Seniorenhaushalte in Deutschland altersgerechte Wohnungen zur Verfügung haben, aber 2,8 Millionen Haushalte darauf angewiesen seien.

Eine Schriftliche Anfrage der Berliner Abgeordneten Jian Omar und Catrin Wahlen (beide Grüne) ergab, dass das Problem bei der Gewobag besonders ausgeprägt ist: Wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung schreibt, hat die Gewobag zwar 3446 Seniorenwohnungen. Davon sind aber nur 22 barrierefrei, das ist weniger als ein Prozent. Bei den anderen landeseigenen Wohnungsgesellschaften ist der Anteil um einiges höher.

Einen barrierefreien Zugang haben nur 27 der 56 Häuser der Gewobag, in denen sich ausschließlich Seniorenwohnungen befinden. Die landeseigenen Wohnbaugesellschaften Degewo, Gesobau, Howoge, Stadt und Land und WBM geben hingegen an, dass alle Gebäude in ihrem Bestand, in denen sich Seniorenwohnungen befinden, einen barrierefreien Zugang haben. Die Gewobag gibt immerhin an, „bei allen umfassenden Investitionsmaßnahmen in den Bestand“ zu prüfen, ob ein barrierefreier Zugang „baulich und wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar ist“.

Einsamkeit im Alter

Der Grüne Jian Omar kritisiert, dass so wenige Seniorenwohnungen der Gewobag barrierefrei sind, und dass sich die Prozesse dann auch noch so lange ziehen: „Wenn ein Eingang zum Senior*innenwohnhaus jahrelang nicht barrierefrei gestaltet wird, beeinträchtigt das die Bewohner*innen immens, scheidet das die Betroffenen oft von der Außenwelt ab und trägt auch zur Einsamkeit bei.“

In der Kluckstraße 23/23a hatten sich bereits in den Jahren 2020 und 2021 mit dem Wunsch nach einem barrierefreien Zugang an die Gewobag gewandt. Eine bauliche Veränderung wurde seitdem nicht vorgenommen. Die Gewobag habe die Möglichkeit einer Rampe geprüft, heißt es in der Antwort auf die eine der beiden Schriftlichen Anfragen. Aber: „Der Anbau der Rampe ist aufgrund der gesetzlichen Regularien des §50 der Berliner Bauordnung nicht umsetzbar.“ Die Rampenneigung und die daraus resultierende notwendige Länge hätten zur Folge, dass der Rampe auf öffentlichem Straßenland errichtet würde.

Der Stadtentwicklungsverwaltung zufolge plant die Gewobag eine Alternative, um den Eingang barrierefrei zu machen: Man habe „die Montage eines Lifts geprüft und entsprechende Angebote eingeholt“. Der Umbau sei in der Investitionsplanung berücksichtigt.

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