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Vom Bundeskanzler geadelt: Berliner Satelliten-Firma profitiert von der Aufrüstung im Weltall
Bundeskanzler Friedrich Merz und der Regierende Bürgermeister Kai Wegner besuchten den Satelliten-Produzenten BST in Adlershof. Die Firma steht vor einem kräftigen Aufschwung.
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Vom Bundeskanzler als relevanter Akteur für die Sicherheit im Weltraum geadelt zu werden, das ist schon was. „Ausgesprochen spannend und interessant, was Sie hier machen, mit Satelliten und Komponenten beizutragen zur Weltraumsicherheitsstrategie der Bundesrepublik Deutschland“, sagte Friedrich Merz (CDU) beim Besuch der Adlershofer Firma Berlin Space Technologies (BST). „Diese Technologien sind nicht nur Ausdruck der Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft. Es ist auch eine Frage der technologischen Souveränität im Weltraum.“
Offenbar waren der Rundgang durch die Laborräume der BST und das „persönliche Gespräch“ mit Geschäftsführer Tom Segert erfolgreich verlaufen. Im Vorfeld hatte sich Segert laut Medienberichten über die Direktvergabe eines Milliarden-Auftrags der Bundeswehr an den Rüstungskonzern Rheinmetall geärgert, der auch den Bau von Satelliten umfasst. In diesem Segment hat Rheinmetall bisher gar keine Expertise.

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BST bezeichnet sich als Teil des „New Space Ökosystems“, in dem Satellitenbau kostengünstig, modular und in Serie betrieben wird. Das habe aber in Europa und speziell Deutschland bisher nicht zur üblichen Vergabe-Praxis gepasst, sagt Segert. Öffentliche Aufträge seien üblicherweise an spezialisierte Firmen vergeben worden, die später nach Aufwand plus festgelegter Gewinnmarge bezahlt worden seien.

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So wurden nach Angaben von Segert wenige hochkomplexe, tonnenschwere Alleskönner-Satelliten für mehrere hundert Millionen Euro gebaut, weil die Firmen gar keinen Anreiz hatten, effizient, schnell und innovativ zu arbeiten. Segert nennt diese Satelliten „Hochzeitstorten“ – nebenbei ein lohnendes Ziel für kommende Kriege im Weltraum.
Russland und China würden bereits den Angriff auf Satelliten im Orbit durchspielen. „Der Ukraine-Krieg hat gezeigt, dass viele kleine Satelliten resistenter sind als ein paar große Einzelsatelliten.“
Für die Raumfahrt ungewöhnlich kam BST erst im Exportmarkt zum Erfolg, das ist nicht die normale Vorgehensweise. Wettbewerb, Agilität und Industrialisierung sind Teil unserer DNA.
Tom Segert, Geschäftsführer und Mit-Gründer von BST
BST, inzwischen 15 Jahre alt, baute zunächst nicht für den europäischen Markt Satelliten, sondern für Indien und andere Schwellenländer, die weniger Geld ausgeben wollen. „Für die Raumfahrt ungewöhnlich kam BST erst im Exportmarkt zum Erfolg, das ist nicht die normale Vorgehensweise. Wettbewerb, Agilität und Industrialisierung sind Teil unserer DNA“, sagt Segert, der BST zusammen mit zwei Kommilitonen von der Technischen Universität gegründet hatte.

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Inzwischen sind aber auch die europäischen Länder an günstigen und kleineren Satelliten interessiert, die im Schadensfall schnell ersetzt werden können. Zur Überwachung der eigenen Satellitenflotte bietet BST auch sogenannte Wächter-Satelliten an, die mögliche Angreifer attackieren können. Vier dieser Satelliten, die einen einstelligen Millionenbetrag kosten, seien bereits bestellt.
Im nächsten Jahr will BST mit der Serienfertigung von Satelliten in einem ehemaligen Baumarkt in Tempelhof beginnen, rund 200 Stück könnten im Jahr entstehen. Dafür wird es keine rollenden Bänder wie in den Autofabriken geben. Die Fertigung ist weiterhin Handarbeit, allerdings werden viele Komponenten so konstruiert, dass sie zu verschiedenen Satellitentypen passen.
Für Satelliten im Orbit gibt es einen Zwilling am Boden
Automatisiert wird vor allem das langwierige Durchtesten der Komponenten, denn Satelliten dürfen im Orbit nicht den Geist aufgeben. Bei einer Serienfertigung lohne es sich, dafür die nötige Hard- und Software zu entwickeln, sagt Segert. Zusätzlich gibt es für jeden Satelliten im Orbit einen Zwilling am Boden, um das Aufspielen eines Software-Updates zu testen.

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Nach fünf bis sieben Jahren müssen Satelliten ohnehin ersetzt werden, weil die hohe kosmische Strahlung im Weltraum und die starken Temperaturunterschiede die sensiblen Kamera- und Datensysteme angreifen.
BST macht zurzeit einen Jahresumsatz von 15 Millionen Euro mit rund 80 Mitarbeitern. „Wir haben Flächen und Umsatz verdreifacht und werden im nächsten Jahr noch 100 bis 150 Personen einstellen, um unsere Fabrik eröffnen zu können“, sagt Segert. Gesucht werden Elektro- und Software-Ingenieure, Mechatroniker, Elektriker und andere technische Facharbeiter. Zuletzt seien einige Mitarbeiter vom Turbinenhersteller Rolls-Royce zu BST gewechselt.
„Wie Sie arbeiten, das gefällt mir richtig gut“, lobte Merz und kündigte an, im nächsten Jahr die Internationale Luft- und Raumfahrtmesse (ILA) in Schönefeld zu eröffnen. Begleitet wurde Merz von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU). „Berlin ist stark, besonders beim Thema Raumfahrt. Wir sind ein führendes Bundesland in diesen Bereichen. Ihr Unternehmen steht für das, was Berlin ausmacht: Innovation, Gründergeist, Wachstum“, sagte Wegner.
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