
© Kaden+ Architekten, Visualisierung: Grauwald Studio
Wellblech-Chic für Kreuzberg?: So sollen die Wohnhäuser auf dem Dragonerareal aussehen
Zwischen Mehringdamm und Kreuzberger Rathaus sollen Hunderte Wohnungen entstehen. Nun ist entschieden, wie sie aussehen sollen: Viel Holz, Grün und Wellblech.
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Vor sieben Jahren hat Berlin das geschichtsträchtige Dragonerareal in Kreuzberg vom Bund zurückgekauft – nun steht fest, welche Architekturbüros fünf Wohnhäuser im dort geplanten Quartier entwerfen werden. Mit der Entscheidung für zwei Entwürfe nimmt eines der zentral gelegenen Stadtentwicklungsprojekte Gestalt an, mitten im denkmalgeschützten Ensemble zwischen Mehringdamm und Rathaus Kreuzberg. Dem Tagesspiegel liegen die Renderings der beiden Gewinnerentwürfe exklusiv vorab vor.
Diese kommen für zwei der geplanten Wohngebäude vom Büro &Mica aus Berlin und Köln (Entwurf unten), drei weitere Gebäude soll das Büro Kaden+ Architekten aus Berlin entwerfen (Entwurf im Titelbild). Die Vergabe war für das Baufeld Süd des Areals ausgeschrieben, das sich in zwei Abschnitte aufteilt – daher auch zwei siegreiche Büros.
240 Wohnungen sind in fünf Holz-Hybridbauten geplant
Insgesamt soll die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) in diesem südlichen Baufeld 240 Wohnungen bauen, verteilt auf besagte fünf Gebäude. Mehr als 60 Architekturbüros aus dem In- und Ausland hatten laut WBM Entwürfe eingereicht, ausgewählt hat eine Jury aus Fachleuten, Zivilgesellschaft und Vertreter:innen der Senatsbauverwaltung und des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg.

© &MICA Architekten
An dem geschichtsträchtigen Ort sollen nicht nur einige Hundert Menschen wohnen, auch kleine Gewerbe finden laut WBM Platz, in den Entwürfen ist etwa ein Café vorgeschlagen.
Eines haben beide Gewinnerentwürfe gemeinsam: Es sind Holz-Hybridbauten, die tragende Struktur ist ein Mix aus Holz und Stahlbeton. Die Bauweise schone Ressourcen und bindet CO₂, heißt es von der WBM.
Holz wird an den Decken und an einer Fassade sichtbar
Das Berliner Büro Kaden+ hat sich seit Jahrzehnten auf die Bauweise spezialisiert, in Heilbronn das derzeit höchste Holzhaus Deutschlands gebaut. Im Innenraum soll das Holz in Massivholzdecken und Stützen sichtbar sein – bei mindestens einem Bau in den Renderings auch nach außen in einer vor vergrauten Holzfassade, „die den Alterungsprozess schon vorwegnimmt“ und die Fassade auf diese Weise schützen soll, wie Bürogründer Tom Kaden dem Tagesspiegel sagt.
Holzhybridbau gilt im Baupreis als etwas teurer als reiner Betonbau, im Lebenszyklus aber als nachhaltiger. Und: Weil Holztafeln weitgehend mit Dämmung und Fenster vorgefertigt werden können, verkürzt sich oft die Bauzeit, was Kosten spart. Die Bauweise ermöglicht laut Kaden zudem, die Grundrisse später zu anderen Wohnungsgrößen anzupassen. Günstiger mache das Bauen laut Kaden auch der Ansatz, alle drei Gebäude nach dem gleichen statischen Grundprinzip und den gleichen Wandaufbauten zu entwerfen.
Wo die Mietpreise rangieren werden, ist laut WBM noch nicht absehbar. Es befinden sich in den Gebäuden auch geförderte Wohnungen.
Wellblechfassaden und gelbe Ziegel als Referenz an die Geschichte
Besonders auffallen dürften aber andere Fassaden: Sie bestehen teils aus Wellblech. Das Material verweise auf die Geschichte des Orts, sagt Kaden. Der sei von Gewerbe geprägt. Neben der Nachhaltigkeit war laut WBM der Umgang mit den denkmalgeschützten Gebäuden der ehemaligen Dragonerkaserne nebenan entscheidend.
Nach der Auflösung des ersten Garde-Dragoner-Regiments wurde das Gelände zum Gewerbehof umgewidmet und unter anderem Standort der Autoindustrie. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden auf dem Gelände Zwangsarbeiter:innen eingesetzt, etwa für die Rüstungsproduktion. Heute soll das Areal als Teil des Rathausblocks mit Genossenschaften zu einem gemeinwohlorientierten Stadtquartier werden.

© IMAGO/Dirk Sattler
Um an diese Geschichte zu erinnern, will Kaden+ die gelben Ziegel von Stallgebäuden nutzen, um Erdgeschossfassaden zu verklinkern: „Wir wollen Gebäude nicht wie Ufos auf diesem Ort landen lassen, sondern vorsichtig damit umzugehen“, sagt Tom Kaden.
Vorhänge außen? Sieht man in Berlin immer häufiger
Außen planen die Architekt:innen vorgehängte Gerüste mit Balkonen und Vorhängen – letztere sind neben Wellblech noch ein Merkmal, das zunehmend im Stadtbild zu sehen ist. Damit soll sich der Wohnraum ins Freie öffnen, sagt Kaden. All das stünde aber, wie auch die begrünte Fassade, unter Vorbehalt.
WBM-Geschäftsführer Steffen Helbig geht davon aus, dass das Bebauungsplanverfahren für das Areal bis 2026 abgeschlossen sein, der Hochbau 2027 starten wird. Die WBM entwickelt auch noch ein Wohnhochhaus und das Baufeld Nord, wird damit nun insgesamt 372 Wohnungen bauen, davon 186 als geförderte Einheiten. All das soll Ende 2030 fertig sein.
Zuletzt hatte es Streit um das Dragonerareal zwischen Genossenschaften, Bezirk und Senatsbauverwaltung gegeben, weil letztere den Genossenschaften auf einem Baufeld weniger und der landeseigenen WBM mehr Flächen einräumen wollte als vorgesehen.
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