zum Hauptinhalt
Ein Modell zeigt einen der Entwürfe für den Molkenmarkt-Wettbewerb, der Los 3 gewann.

© Teresa Roelcke

Zurück in die 90er: So sehen die ersten Siegerentwürfe für den Berliner Molkenmarkt aus

Die ersten Gebäudegestaltungen für Berlins historische Mitte stehen fest. Die Entwürfe wirken stilistisch zusammengewürfelt – und sind teuer.

Stand:

Jetzt sind die Entwürfe für die ersten Gebäude am neuen Molkenmarkt-Quartier tatsächlich historisierend geworden: Sie erinnern an Gebäude aus den 90er- oder frühen 2000er-Jahren. Aus unterschiedlichen Stilen kombiniert, mit historisierendem Gestus. Ein bisschen wie die Berliner Friedrichstraße.

So sieht das Baufeld von oben aus.

© Teresa Roelcke

Am Donnerstagmorgen stellten Bausenator Christian Gaebler (SPD), Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, der Geschäftsführer der landeseigenen Wohnungsgesellschaft WBM Lars Dormeyer und der Juryvorsitzende Vittorio Magnago Lampugnani die Siegerteams vor, die für die ersten drei Lose des neuen Quartiers am Molkenmarkt ausgewählt wurden. Seit Montag hatte das Preisgericht getagt. Alle Redner:innen betonten die durchweg hohe Qualität der eingereichten Arbeiten.

Juryvorsitzender Lampugnani bei der Vorstellung der Entwürfe.

© Teresa Roelcke

Allerdings: In den vergangenen Monaten hatte es heftige Auseinandersetzungen um das neue Quartier gegeben. Manche hatten es sich ähnlich wie die „Altstadt“ in Frankfurt am Main gewünscht, weil das neue Quartier dort entstehen wird, wo einst das Zentrum des mittelalterlichen Berlins lag. Gleichzeitig ist seit Jahren klar, dass hier zwei öffentliche Wohnungsbaugesellschaften bauen sollen, die sich teure Schnörkel nicht leisten können, wenn sie auftragsgemäß bezahlbaren Wohnraum schaffen. 50 Prozent der Wohnungen sind als Sozialwohnungen vorgesehen. Grün und klimaresilient sollte das Quartier eigentlich auch mal werden.

4500
Euro dürften die Baukosten pro Quadratmeter durchschnittlich sein

In all diesen Punkten dürfte die nun ausgewählte Architektur enttäuschen. Steinern präsentieren sich alle Entwürfe, nur auf den Dächern ist, gut versteckt, Begrünung vorgesehen. Auch günstig sind die gekürten Entwürfe nicht. Der durchschnittliche Baupreis beläuft sich laut WBM-Chef Dormeyer auf etwa 4500 Euro pro Quadratmeter. Bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus Ende Juni hatte er noch gesagt, dass er bei Kosten von 3580 Euro von „von einer Machbarkeit und von einer guten Bewirtschaftung“ ausgehe. Am Donnerstag nun betonte er, dass es sich bei den Siegerentwürfen um ein „sehr gutes Zwischenergebnis“ handele.

Es ist ein Raumkörper am Molkenmarkt da, der ein Versprechen einlöst, sich diesem Ort und der Geschichte dieser Stadt zuzuwenden.

Petra Kahlfeldt, Berlins Senatsbaudirektorin, über den Siegerentwurf für das Eckgebäude Molkenmarkt/Grunerstraße

Und das Historische? „Man kann ganz funktionale, sehr gut nutzbare Gebäude hier am Molkenmarkt entwerfen und dennoch auf die Besonderheit des Ortes hinweisen“, sagte Senatsbaudirektorin Kahlfeldt. Als Beispiel zog sie die Ecke von Molkenmarkt und Grunerstraße heran, wie sie die Bietergemeinschaft aus den Berliner Büros Eckert Negwer Suselbeek sowie Baumeister und Dietzsch entworfen hat und damit Los 3 für sich entschied: Ein Teil des Eckgebäudes ragt schlank nach oben, wenn man aus Richtung der Alten Münze kommt, erinnert dieser Vorsprung an einen Turm.

Der Entwurf für die Ecke Molkenmarkt/Grunerstraße, der Los 3 gewann.

© Eckert Negwer Suselbeek, Berlin / Baumeister und Dietzsch, Berlin

„Man nähert sich dieser Ecke und denkt: Ups, was ist denn hier los?“, beschrieb Kahlfeldt den Effekt. „Dann merkt man: Man ist an einem der Gründungsorte Berlins, an einem hoch historischen Ort, der über viele Überformungen sich selbst als Raum verloren hat.“ Mit dieser Architektur sei der Raum wieder da. „Nicht so, wie er vor dem Krieg gewesen ist, aber es ist ein Raumkörper am Molkenmarkt da, der ein Versprechen einlöst, sich diesem Ort und der Geschichte dieser Stadt zuzuwenden.“

Los 1: So soll der Blick vom Roten Rathaus auf den Molkenmarkt aussehen.

© Senatsentwicklung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen; Hild und K, München / Happel Cornelisse Verhoeven, Rotterdam / Modersohn & Freiesleben, Berlin

Los 1, direkt gegenüber dem Roten Rathaus an der Ecke Grunerstraße, entschied ein Team aus den Architekturbüros Hild und K, Happel Cornelisse Verhoeven und Modersohn & Freiesleben für sich. Unten sollen Geschäfte, oben kleine Wohnungen entstehen. Weil die Wohnungen so klein seien, sei es notwendig, sie über einen Laubengang zu erschließen, erklärte Lampugnani. Das Siegerteam hätte aus dem Laubengang ein „städtisches Element“ gemacht, das nicht „appliziert“ wirke, sondern Teil der gesamten Komposition sei.

Bei Los 2 schließlich vergab die Jury zwei erste Preise, an eine Bietergemeinschaft aus Duplex Architekten, Gort Scott und Kim Nalleweg Architekten sowie an das Team von blrm Architekt*innen aus Hamburg. Dieses Los beinhaltet drei Wohnhäuser an der Jüdenstraße.

Einer der beiden Sieger für Los 2 für drei Wohnhäuser an der Jüdenstraße.

© Duplex Architekten GmbH, Hamburg/Gort Scott, London/Kim NallewegArchitekten GmbH, Berlin /Senatsentwicklung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Der zweite Siegerentwurf für Los 2.

© blrmArchitekt*innen GmbH, Hamburg /Senatsentwicklung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Die nun ausgewählten Entwürfe machen etwa die erste Hälfte des Baufeldes Block B aus. Die Architektur für die zweite Hälfte des Blocks B sowie für den ganzen Block A, in dem auch ein Theater und weitere Räume für kulturelle Nutzungen vorgesehen sind, sollen in einem zweiten Wettbewerb ermittelt werden, für den die europaweite Bekanntmachung im Dezember starten soll. Für den Juni 2026 sind vier Tage Preisgerichtssitzung vorgesehen, an denen die Jury die Sieger auswählt. Bei Block C gibt es unterschiedliche Grundstückseigentümer, die Neusortierung der Flächen ist weiterhin nicht abgeschlossen.

WBM-Geschäftsführer Dormeyer rechnet mit einem Baustart in gut drei Jahren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })