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Musiker:innen der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker.

© Peter Adamik

Abschied im Frühling: Christian Blex dirigiert die Karajan-Akademie

Blütenfall und mysteriöse Heiterkeit: die Karajan-Akademie mit der Sopranistin Camilla Tilling, dirigiert von Christian Blex.

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Wer eine Akademie im Haus hat, die Nachwuchs fördert, findet auch ein jüngeres Publikum. Allein das ist ein Erfolg, die als Talentschmiede gegründete Karajan-Akademie wird aber auch ihrem Sprungbrett-Anspruch gerecht: Drei der jungen Musiker:innen, die auf dem Podium im Kammermusiksaal sitzen, starten ihre Probezeit bei den Philharmonikern: Eva Rabchevska, Harry Ward und Roxana Wisniewska können sich zwei Jahre im Orchester ihrer aktuellen Mentoren bewähren, um ganz an der Spitze mitzuspielen.

Aufregend ist der Abend auch für Christian Blex, der als Dirigier-Stipendiat debütiert und zugleich sein Diplom an der Osloer Musikhochschule ablegt. Was das für eine Anspannung bedeutet, lässt Blex erst erkennen, als ihm sein Orchester am Ende stürmisch applaudiert und Emotionen sich Bahn brechen. Bis dahin hat er ein anspruchsvolles, überraschendes Programm geleitet.

Packender Start mit Zimmermann

Das Werk von Bernd Alois Zimmermann liegt auch Kirill Petrenko am Herzen, dem Blex assistieren wird. Das Konzert für Streichorchester, erst als Trio während des Zweiten Weltkriegs komponiert, weist einen Weg in die Moderne, der von Zimmermanns jüngeren Kollegen nicht verstanden wurde. Strawinsky und Wagner hallen in ihm nach, Brüche gehören zur Musik. Ein motorisch packender Start.

Ludvig Irgens-Jensens Liederzyklus „Japanischer Frühling“ ist eine schillernde Entdeckung, die Parallelen zu Gustav Mahler aufweist. Beide Komponisten waren inspiriert von Hans Bethges Nachdichtungen antiker Lyrik aus Japan und China: Vergänglichkeit in kristalliner Sprache, unbelastet vom Schwulst der Spätromantik.

Camilla Tilling singt diese Lieder, in denen Blumen welken wie das Leben, ohne forcierte Wehmut, weiß ihren flüchtigen Zauber zu schützen. Die schwedische Sopranistin lässt sich auch von einigen hart angefassten Passagen nicht aus ihrer Blütenlese reißen.

Mahlers Vierte als Kammerversion

Mahlers „Lied von der Erde“ könnte nahtlos anschließen, doch hätte diese direkte Gegenüberstellung dem „Japanischen Frühling“ seine Einzigartigkeit geraubt. Und so spielt die Karajan-Akademie Mahlers Vierte in einer Version für 30 Musiker:innen von Klaus Simon, das sind doppelt so viele wie beim gespenstischen Europakonzert vom 1. Mai 2020 aus einer leeren Philharmonie.

Blex vertraut dem kammermusikalischen Ton und seinen Möglichkeiten nicht in jedem Moment, fängt am Ende aber eine Menge ein vom Klangzauber dieser Symphonie und ihrer mysteriösen Heiterkeit.

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