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Brandanschlag. Bei einem mutmaßlich von Neonazis verübten Angriff geht der Wagen des Linken-Politikers Ferat Kocak in Flammen auf.

© Ferat Kocak/Die Linke Berlin/dpa

Beschwerde der Berliner Staatsanwaltschaft abgewiesen: Neuköllner Neonazi Sebastian T. kommt aus der Untersuchungshaft frei

Die Ermittlungen zur Serie rechter Brandanschläge in Neukölln bleiben schwierig. Das Landgericht hat einen der Hauptverdächtigen von der U-Haft verschont.

Von Frank Jansen

Die Ermittler im Fall der rechten Brandanschläge in Neukölln müssen einen herben Rückschlag hinnehmen. Das Landgericht hat am Freitag einen der beiden Hauptverdächtigen, den Neonazi Sebastian T., aus dem Gefängnis entlassen. Die Polizei hatte ihn kurz vor Weihnachten verhaftet, nun kam er aus der Untersuchungshaft heraus.

Das Amtsgericht hatte Sebastian T. damals vom Vollzug der U-Haft verschont, dagegen legte die Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde ein. Die hob das Landgericht jetzt auf. Nach Informationen des Tagesspiegels wurde auch der Haftbefehl aufgehoben. Aus Sicht der Richter sind die Voraussetzungen für U-Haft nicht erfüllt. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte im Dezember beim Amtsgericht Tiergarten Haftbefehle gegen Sebastian T. und den mutmaßlichen Mittäter Tilo P. erwirkt.

In absehbarer Zeit keine Anklage gegen den Neonazi

Die Entscheidung der 25. Kammer des Landgerichts im Fall Sebastian T. hat weitreichende Folgen. Die Richter sehen keinen dringenden Tatverdacht gegen Sebastian T., an Brandstiftungen in Neukölln beteiligt gewesen zu sein. Damit ist unwahrscheinlich, dass es in absehbarer Zeit zu einer Anklage gegen den Neonazi und einem Prozess wegen der Anschläge kommt. Die Generalstaatsanwaltschaft wird sich gegen den Beschluss des Landgerichts, Sebastian T. nun aus der Untersuchungshaft zu entlassen, zur Wehr setzen und mit einer Beschwerde ans Kammergericht wenden. Das ist die nächst höhere Instanz.

Seit 2016 wurden in Neukölln mehr als 70 rechte Angriffe verübt, darunter 23 Brandstiftungen. Die Attacken trafen vor allem Linke und Menschen, die sich in der Hilfe für Flüchtlinge engagieren. So brannte in der Nacht zum 1. Februar 2018 das Auto des Linken-Politikers Ferat Kocak aus. Kocak hat mehrfach die Ermittlungen als ungenügend kritisiert.

Das Amtsgericht hatte im Dezember bei beiden Rechtsextremisten den dringenden Tatverdacht bejaht, an Brandstiftungen in Neukölln beteiligt gewesen zu sein. Der Haftrichter am Amtsgericht wollte aber T. und P. vom Vollzug der Untersuchungshaft verschonen.

Mildere Mittel wie Meldeauflagen seien ausreichend, um der Fluchtgefahr zu begegnen, hieß es. Die Generalstaatsanwaltschaft legte Beschwerde ein und erreichte, dass zumindest Sebastian T. im Gefängnis blieb. Tilo P. kam frei, über die Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft gegen seine Haftverschonung ist noch nicht entschieden.

Sebastian T. wird auch Betrug vorgeworfen

Bei Sebastian T. kommt hinzu, dass ihm die Generalstaatsanwaltschaft auch Betrug vorwirft. Der Neonazi soll im April 2020 unrechtmäßig Corona-Soforthilfe für Soloselbstständige beantragt haben.

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Schon ein weiteres Verfahren gegen T. und P. gestaltet sich schwierig. Am 31. August 2020 hatte am Amtsgericht ein Prozess gegen die beiden Neonazis wegen des Vorwurfs rechtsextremer Schmierereien begonnen. Doch am ersten Tag setzte die Richterin die Verhandlung aus, da Polizisten für ihre Auftritte als Zeugen nur eine begrenzte Aussagegenehmigung hatten.

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