zum Hauptinhalt
Die Condor wird für den Transatlantikflug betankt.

© Lufthansa Archiv

Geschichten über den Flugplatz Staaken (2): Als Hollywood in Spandau lag

Tief im Westen lag der Flugplatz Staaken. Von dort ging es einst - im Linienverkehr! - nach London. Und dort wurden Filme gedreht mit 1000 Statisten.

Der Flugplatz Staaken war einst ein bedeutender Luftfahrt-Standort, aber auch eines der größten Filmstudios abseits von Hollywood. Historische Fotos und einige erhalten gebliebene Gebäude erinnern an dessen Geschichte. Hier erzählt Rainer W. During, der seit den 80ern für den Tagesspiegel schreibt, einige Geschichten über den vergessenen Flugplatz tief im Westen von Berlin. During hat einst auch ein Buch über den Flugplatz verfasst.

+++

Die Filmwerke Staaken, weitab von Hollywood, galten in den 20er Jahren als eine der größten Filmfabriken der Welt. Etwa ein Drittel aller deutschen Filmproduktionen sind seinerzeit hier entstanden. Zu den rund 300 fest angestellten Arbeitern kamen neben den Schauspielern bis zu 1000 Statisten. Und die einstigen Luftschiffkonstrukteure bauten jetzt Kulissen.

Hier drehten Leni Riefenstahl und Hans Albers

Von den Schweizer Bergen ("Der heilige Berg" mit Leni Riefenstahl und Luis Trenker) bis zur Moskauer Kathedrale ("Der falsche Dimitry" mit Agnes Straub und Hans Albers) reichten die Schauplätze, die in der riesigen Halle nachgebaut wurden. Auch der Monumentalfilm I.N.R.I. über die Passion Christi mit Henny Porten und Asta Nielsen ist hier entstanden. Der späterer TV-Kommissar Erik Ode spielte 1923 in Staaken als Zwölfjähriger den Jesus im Kindesalter.

Das wohl aufwändigste Projekt in den Staakener Studios war der Science Fiction-Stummfilm „Metropolis“ mit Gustav Fröhlich, Heinrich George und Brigitte Helm, für den der Regisseur Fritz Lang in der Zeppelinhalle eine gigantische Industriestadt errichten ließ.

Der Film kostet fünf Millionen Mark - in den 20 Jahren

Den Dampf der dazu gehörenden „Supermaschine“ organisierte der inzwischen für den Einkauf zuständige, ehemalige Luftschiff-Kapitän Albert Sammt mit Hilfe einer Rangierlokomotive, eines Boilers und vieler Ventile. Vom 22. März 1925 bis zum 30. Oktober 1926 dauerten die Dreharbeiten, die Produktionskosten erhöhten sich in dieser Zeit auf mehr als fünf Millionen Mark, gut das Dreifache des ursprünglichen Etats. Die Produktionsgesellschaft Ufa musste daraufhin verkauft werden.

Die Flugzeughallen waren von den Zeppelin-Werken indessen an Fluggesellschaften und Flugschulen vermietet worden. Die Deutsche Luft-Reederei (DLR) als erste deutsche Fluggesellschaft verlegte ihren Sitz 1920 von Johannisthal nach Staaken.

Die Lufthansa hatte auch hier in Spandau ihren Sitz

Mit anderen Gesellschaften fusionierte man zur Deutschen Aero Lloyd, die hier am 3. Mai 1923 den Linienverkehr nach London aufnahm. Nach der Eröffnung des neuen Flughafens Tempelhof und der Entstehung der Lufthansa durch weitere Fusionen wurde Staaken zum Wartungs- und Trainingszentrum der neuen Fluggesellschaft. Hier wurden die Flugzeuge überholt, entstanden Motorenprüfstände und erste Flugsimulatoren, in denen Piloten den Blindflug übten. Zu diesem Zweck wurde auch der rechte Sitz des sonst offenen Cockpits einer Junkers W33 zugebaut. Die neuen Techniken erlaubten es der Lufthansa, auch bei schlechtem Wetter zu starten und so die Zahl ihrer jährlichen Flugbetriebsstunden von 8000 (1927) auf 38.000 (1931) zu steigern. Bald schickten auch ausländische Fluggesellschaften ihre Piloten zum Training nach Staaken.

Unsere Slideshow: So sah es 1928 aus in Staaken

Der lärmende Flugbetrieb kollidierte allerdings mit den Filmstudios, die ihre Produktion im Laufe der Zeit auf Tonfilme umgestellt hatten. So entstanden hier unter anderem die Drei-Groschen-Oper mit Rudolf Forster (1930), Die verliebte Firma mit Gustav Fröhlich und Hubert von Meyerinck (1931) und Gehetzte Menschen mit Camilla Spira (1932). Um diese wichtige Einnahmequelle nicht zu verlieren appellierte die Berliner Flughafen-Gesellschaft, die die Staakener Anlagen inzwischen übernommen hatte, an die Piloten, die alte Luftschiffhalle nur im Notfall zu überfliegen. Ansonsten galt ein Mindestabstand von 500 Metern.

+++

Mehr aus Spandau lesen Sie auf unserer Schwerpunktseite www.tagesspiegel.de/spandau und bei Facebook unter www.facebook.com/tagesspiegelspandau

+++

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false