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Der bisherige Eigentümer TLG Immobilien fusionierte 2020 mit dem Luxemburger Immobilienkonzern Aroundtown.

© mauritius images / Werner Dieterich

Areal steht vor dem Verkauf: Pankow will die Kulturbrauerei retten – Bezirksamt soll Bebauungsplan aufstellen

Die Lokalpolitik will verhindern, dass Kulturräume in Büroflächen umgewandelt werden – ein Bebauungsplan soll die kulturelle Nutzung sichern. Die Zeit drängt.

Von Christian Hönicke

Der Bezirk Pankow will den Erhalt der Kulturbrauerei planungsrechtlich sichern. Einen entsprechenden Vorbeschluss fasste der Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Dienstag. Demnach soll das Bezirksamt die kulturelle Nutzung durch die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans sicherstellen.

Das Votum ist formal nur eine "Empfehlung", ein endgültiger BVV-Beschluss im September dazu ist damit aber praktisch sicher. "Es besteht parteiübergreifend nun Einigkeit, die kulturelle Nutzung zu erhalten", sagt Sören Birke dazu, der die Eventlocations "Kesselhaus" und "Maschinenhaus" im Auftrag des Landes Berlin betreibt. "Das ist fast schon revolutionär - die Sicherung der Kultur ist 20 Jahre lang versäumt worden."

Wie der Tagesspiegel berichtet hatte, steht die Kulturbrauerei unmittelbar vor dem Verkauf. Demnach verhandelt der Eigentümer TLG Immobilien bereits mit einem Kaufinteressenten. Ziel ist es offenbar, den Verkauf bis Mitte September abzuschließen. Grüne und Linke forderten deswegen in einem gemeinsamen BVV-Antrag, die "Umwandlung von Kulturräumen in Büroflächen" zu verhindern.

Dieser Antrag wurde am Dienstagabend mit hoher Dringlichkeit diskutiert. "Die Beratungen im Ausschuss waren ausgesprochen konstruktiv", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Cordelia Koch. "Wir waren uns schnell über kleine Änderungen einig und haben den Antrag einstimmig beschlossen."

Ein Ankauf würde wohl 150 Millionen Euro kosten

Für die Aufstellung eines B-Plans stimmten Grüne, Linke und SPD. Letztere änderte den Ursprungsantrag von Grünen und Linken dahingehend, dass die Priorisierung eines Ankaufs durch das Land nach hinten rutschte. "Ein Ankauf dürfte den Landeshaushalt mit 150 Millionen Euro belasten", erklärte SPD-Fraktionschef Roland Schröder. "Dafür müsste eine Finanzierung also erst noch gefunden werden."

Zuallererst müsse der Bezirk Pankow die eigenen Möglichkeiten nutzen, sagte Schröder. Das Bezirksamt habe nun "den klaren und unmissverständlich formulierten Auftrag, unverzüglich einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan für die Sicherung der kulturellen Nutzungen der Kulturbrauerei fassen". Er fordert: "Das kann und darf nicht in die neue Wahlperiode verschoben werden."

B-Plan nach der Wahl "könnte zu spät sein"

Das Bezirksamt sieht sich dazu aber nicht in der Lage. Ein B-Plan noch vor der Wahl "ist so gut wie nicht möglich", erklärte der zuständige Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne). Der Vorlauf sei zu kurz, der Prozess kompliziert. "Das ist aber auch nicht so kritisch zu sehen, das Bezirksamt arbeitet ja auch nach der Wahl erst einmal weiter." Wichtig sei "eine fundierte Aufstellung durch das Bezirksamt - alle dann eventuell kommenden Bauanträge müssten dann auf die Ziele des B-Plans abgestimmt werden".

Aber auch die Grünen wollen, dass der Bebauungsplan noch in dieser Legislaturperiode aufgestellt wird. "Denn in der neuen Legislatur könnte es zu spät sein", sagt Cordelia Koch. Ein B-Plan sei generell "erst einmal der richtige Schritt ist, da die Zeit eilt", sagte Koch. "Alles andere würde länger dauern." Man könne "mittels eines B-Plans auf die Entwicklung langfristig Einfluss nehmen", ist sich auch Matthias Zarbock von der Linkspartei sicher. "Das ist überfällig und wird im Bezirk seit langem debattiert."

[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]

Die CDU enthielt sich bei der Abstimmung. Zwar unterstütze man die planungsrechtliche Sicherung des wichtigen Kulturareals, erklärte Fraktionschef Johannes Kraft. "Aber das Areal zu erwerben, wie es im Antrag weiter vorgesehen war, ist ein deutlicher Schritt zu weit. Das wäre der letzte Schritt."

Auch in der SPD gibt es allerdings Stimmen, die einen Ankauf durch das Land priorisieren. Der Bundestagsabgeordnete Klaus Mindrup und Parteikollege von Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz wirbt sogar dafür. "Die Kulturbrauerei ist ein wichtiger Kulturstandort mit einem hohen Potenzial, der langfristig gesichert werden sollte", sagt er dem Tagesspiegel. "Ein Ankauf oder Grundstückstausch mit der TLG sollte offensiv geprüft werden - das wäre für Berlin eine Investition in die Zukunft."

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