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Unterstützer der Kolonie10 in ihrem Hof.

© Julia Weiss

Update

Teure Apartments statt Kulturhof: Abriss in der „Kolonie10“ hat begonnen

Ein Investor aus Bayern will Mikroapartments errichten lassen. Seit langem wehren sich der Bezirk Mitte und die Bewohner dagegen, nun fallen die ersten Mauern.

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Schließlich bricht der Bagger durch die Wand der „Kolonie10“, einem alten Remisenhof in Gesundbrunnen. Stundenlang hatten Bewohner und Unterstützer versucht, den Teilabriss zu verhindern. Schon vor Sonnenaufgang bildet sich am Mittwochmorgen eine Menschenmenge am Eingang. „Kolonie10 bleibt“ steht auf einem der mitgebrachten Schilder.

Der Münchner Immobilieninvestor Romeo Uhlmann will hier Mikroapartments bauen. Wie das aussehen soll, lässt sich in der Nachbarschaft beobachten. Eine Hausnummer weiter steht der „Campus Viva Berlin II“.  So heißt das Haus, hinter dessen grauer Fassade 19 bis 56 Quadratmeter große Wohnungen liegen – die Kaltmiete beträgt mindestens 495 Euro. 

Die „Kolonie10“ ist ein langgezogener Hof mit grünen Gärten, in denen Feste und Flohmärkte für die Nachbarschaft stattfinden. Auf der einen Seite befindet sich eine Remise aus der Gründerzeit mit Wohnungen, die geschützt sind. Gegenüber stehen leere Garagen, in denen früher Ateliers und Werkstätten untergebracht waren. Eine davon hat der Bagger nun abgerissen, dazu weitere Gebäude im hinteren Teil des Hofes.

In den vergangenen Jahren hatte der Eigentümer mehrmals beantragt, die ehemaligen Gewerberäume abzureißen, was das Bezirksamt Mitte mit Naturschutzgutachten untersagte. Vögel und die seltene Mopsfledermaus leben hier. Darauf beruft sich die Naturschutzbehörde auch heute. Der Eigentümer argumentiert, dass ein Teil abgerissen werden darf.

Abgeschirmt von der Polizei streiten am Mittwochmorgen Vertreter des Bezirksamts Mitte, ein Anwalt der Bewohner und ein Vertreter des Eigentümers über das weitere Vorgehen. „Die werfen sich gegenseitig Paragraphen an den Kopf“, beschreibt eine Frau, die zugehört hat, die Situation.

Vertreter des Bezirksamts Mitte und der Bewohner versuchten, den Teilabriss des Remisenhofs zu verhindern.

© Julia Weiss

Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) ist vor Ort. „Da sollen Tatsachen geschaffen werden“, sagte er dem Tagesspiegel. Damit es für die Anwohner ungemütlicher werde. Der Eigentümer könne sein Bauvorhaben nach einem Teilabriss nicht direkt umsetzen, dafür stünde die bewohnte Remise im Weg.

Marie Münch, eine Vertreterin der Bewohner, ärgert das. „Der kann gar nichts bauen, der will einfach nur kaputt machen“, sagt sie. Eine Anfrage des Tagesspiegels zu seinen Plänen ließ der Eigentümer unbeantwortet. Im Bezirksamt Mitte geht man allerdings davon aus, dass die komplette „Kolonie10“ abgerissen werden soll.

Runder Tisch vereinbart

Für den Naturschutz ist Mittes Umweltstadtrat Christopher Schriner (Grüne) zuständig. Geschützt seien nicht die Garagen an sich, sondern das Grün, das von Dächern und Wänden rankt. Durch den Teilabriss könnten Ausgleichsflächen geschaffen werden, sagt Schriner. Nur wenn der Eigentümer neuen Lebensraum für die Tiere vorweisen kann, dürfe er nach Naturschutzrecht weiter abreißen.

In den kommenden zwei Wochen soll ein runder Tisch mit allen Beteiligten stattfinden. „Wir brauchen eine andere Art der Kommunikation“, sagt Schriner. Bis dahin sollen nur mit dem Bezirksamt abgestimmte Baumaßnahmen umgesetzt werden.

Bevor das Grundstück 2016 verkauft wurde, lebten hier 40 Bewohner, Künstler und Gewerbetreibende. Seit 2018 stehen die anliegenden Garagen leer. Ein alternatives Baukonzept des Bezirks, nach dem neue Wohnungen entstehen und der Hof aus der Gründerzeit erhalten bliebe, hatte der Eigentümer abgelehnt.

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