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Die kaputten Brücken von Steglitz-Zehlendorf: Bezirks-CDU: Berlin versagt wegen Druck von Nußbaum
In Steglitz-Zehlendorf gibt es nach Meinung der CDU viele Brücken, die nicht ordentlich instand gehalten werden. Schuld sei der Finanzsenator. Manche werden saniert, wie die Wannseebrücke, bei anderen droht Abriss. Vielleicht auch am S-Bahnhof Zehlendorf.
Wer in diesen Tagen mit dem Auto, Fahrrad oder zu Fuß die Wannseebrücke der Bundesstraße B1 über den Griebnitzkanal überquert, merkt es vermutlich nicht. Rein äußerlich macht die Brücke einen stabilen Eindruck. Anders sieht es mit ihren „inneren Werten“ aus. Henry Unterstein vom Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin erklärt, dass bei der letzten turnusmäßigen Prüfung Schäden am Bauwerk festgestellt wurden, die dessen Verkehrssicherheit und absehbar auch dessen Tragfähigkeit beeinträchtigen. Risse und Hohlräume im Beton, verrostete und freiliegende Bewehrungen, zum Teil durchfeuchtetes Mauerwerk oder abgeplatzte Stellen – die Brücke wird jetzt instand gesetzt.
Mit der Sanierung kann die Gebrauchstauglichkeit des Bauwerkes, der so genannte Sollzustand, für die nächsten 15 Jahre wiederhergestellt werden. „Langfristig kommt jedoch nur ein kompletter Ersatzbau in Frage, bei dem die Kosten mindestens zwölf bis 15 Millionen Euro betragen würden“, teilt Unterstein weiter mit.
Die aktuellen Baumaßnahmen kosten rund 225.000 Euro und werden zu je 50 Prozent von Bund und Land bezahlt. Es müssen unter anderem die Betonflächen der Brücke erneuert werden. Sie bekommen einen Oberflächen- und teilweise einen Antigraffitischutz. Auch die Bewehrung erhält einen neuen Korrosionsschutz. Vorhandene Risse werden verpresst, wie es im Fachjargon heißt.
Riesenproblem: Die Brücke am S-Bahnhof Zehlendorf
Die heutige Wannseebrücke aus Spannbeton stammt aus den 1950er Jahren und verbindet die Stadtteile Wannsee und Nikolassee. Die letzte größere Sanierung war 1988. Durch die Bundesstraße B1 ist die Brücke eine wichtige Verbindung für den Straßenverkehr; auch für Fußgänger und Fahrradfahrer. Hier verlaufen die Wannseeroute und der Europaradweg R1. Laut einer Straßenverkehrszählung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt von 2009 nutzen etwa 31.800 Fahrzeuge pro Tag die Brücke. „Aufgrund der stark angestiegenen Belastung und geänderter Vorschriften entspricht die Brücke nicht mehr den technischen Standard-Anforderungen“, sagt Unterstein.
Dass immer mehr Brücken in Berlin und anderen Teilen Deutschlands bauliche Mängel aufweisen, wird derzeit in Politik, Verwaltung und Wirtschaft diskutiert. „Leider gibt es auch hier im Bezirk eine Vielzahl von Brücken, die nicht ordentlich instand gehalten werden“, findet David Eckel, stellvertretender Fraktionsvorsitzende der CDU in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf.
Es sei zu beobachten, dass das Land Berlin zu lange an Sanierungs- und Reparaturmaßnahmen spare. „Es wäre volkswirtschaftlich sinnvoller, die Bauten zeitnah zu unterhalten, anstatt sie bis zum Ende zu verschleißen und dann abzureißen“, erklärt er. Ein nachhaltiger Umgang mit der staatlichen Infrastruktur sei unablässig. Der Bezirk könnte diese Aufgabe zwar übernehmen, bekomme aber nicht einmal ausreichende finanzielle Mittel für die lokalen Straßen. „Somit sind Brückensanierungen Landesaufgabe und hier versagt das Land unter dem Druck des Finanzsenators kläglich“, fügt Eckel hinzu.
Das Problem betreffe nicht nur öffentliche Bauten. Der Bezirksverordnete verweist zum Beispiel auf die S-Bahn-Brücke am Teltower Damm in Zehlendorf. Dort komme die Deutsche Bahn (DB) ihren Verpflichtungen offenbar nicht mehr ausreichend nach. Statt einer Sanierung drohe ein Abriss und Neubau mit gravierenden Folgen für die S-Bahn und den Individual-Verkehr sowie für den Einzelhandel.
„Den schlechten Zustand des Bauwerkes können wir bestätigen“, sagt DB-Sprecher Gisbert Gahler. Dieser sei aber nicht der mangelhaften Wartung geschuldet, sondern dem Alter des Bauwerkes und mehrerer Anprallereignisse aufgrund der niedrigen Durchfahrtshöhe. Die Inspektionen und Instandhaltungen würden regelmäßig von der DB Netz AG entsprechend dem Vorschriftenwerk durchgeführt.
Zweiter Zugang am S-Bahnhof. Aber wo?
Wegen des schlechten Zustandes der Brücke sei ein Ersatzneubau geplant. „Aufgrund fehlender verbindlicher Aussagen des Senates zu künftigen Verkehrskonzeptionen, ruhen derzeit diese Planungen“, sagte Gahler. Es gehe vor allem um die künftige Zuwegung zum Bahnsteig sowie die Aufweitung und Anhebung der Brücke. Der Senat habe dazu eine Variantenuntersuchung bei der Bahn bestellt.
Für den zweiten Zugang zum Bahnsteig sind mehrere Varianten denkbar, bestätigt auch Daniela Augenstein, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt. Die Varianten sollen jetzt hinsichtlich technischer Lösungen, Kosten und Bauzeitbedarf untersucht werden. „Hierzu wird die DB in Kürze eine Planungsvereinbarung vorlegen, nach deren Unterzeichnung die Untersuchungen durchgeführt werden“, so Augenstein. Mit den Ergebnissen werde circa in einem dreiviertel Jahr gerechnet. Weitere Aussagen und Entscheidungen könnten erst nach der Bewertung der DB-Untersuchung getroffen werden.
Bereits weit über die Planungsphase hinaus und mitten in der Realisierung befinden sich in Steglitz-Zehlendorf im Moment zwei Brückensanierungen. In Lichterfelde wird seit Mai 2012 die Emil-Schulz-Brücke für 3,3 Millionen Euro und in Lankwitz seit Juli 2013 die Sieversbrücke für 3,2 Millionen Euro vom Wasserstraßen-Neubauamt Berlin (WNA) instand gesetzt. Beide Brücken führen jeweils über den Teltowkanal. Die Sieversbrücke wurde 1955, die Emil-Schulz-Brücke 1965 errichtet.

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Laut WNA haben baukonstruktive Unzulänglichkeiten nach dem Zweiten Weltkrieg und die zunehmende Verkehrsbelastung zu erheblichen Schäden an den Bauwerken geführt. Mit den Sanierungen kann in beiden Fällen die volle Traglast wiederhergestellt werden. „Wir gehen von einer weiteren Nutzungsdauer von mindestens 30 Jahren aus“, erklärt Rolf Dietrich, Leiter des WNA Berlin. Die Bauarbeiten an der Emil-Schulze-Brücke werden voraussichtlich im Oktober, die an der Sieversbrücke im Sommer 2015 beendet sein. Bis dahin wird der Verkehr mit je einer Fahrspur pro Richtung aufrechterhalten.
Ähnlich ist es auch auf der Wannseebrücke. Während der Sanierung kann der Verkehr rollen. Henry Unterstein vom Wasser- und Schifffahrtsamt erklärt, dass lediglich die Geh- und Radwege zeitweilig gesperrt werden; das gilt vor allem für den Parkweg unter der Brücke. Ferner müssen Fahrgastschiffe und Sportboote, die vom Kleinen zum Großen Wannsee oder umgekehrt fahren möchten, mit Einschränkungen bei der Durchfahrtsbreite - zehn Meter - rechnen. Im Frühling 2015 ist noch eine Vollsperrung für die Schifffahrt vorgesehen. Dann werden die Mittelbereiche der Brücke instand gesetzt. Läuft alles nach Plan, sollen die Bauarbeiten im Juni 2015 beendet sein.
Die Autorin schreibt unter anderem für die Evangelische Wochenzeitung "dieKirche". Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin des Tagesspiegels.