
Krimi-Lesetipp: Der Kreuzberg-Code
Was zunächst wie eine messergestützte Auseinandersetzung zwischen Kreuzberger Dealern aussieht, entwickelt sich zu einem komplizierten Schwerverbrechen mit linksradikalen Hintergrund. Unser Autor hat in den Kriminalroman "Kreuzberg-Code" reingelesen.
Sozial-Berlin, dieses staatlich finanzierte Biotop der kleinen Vereine, Dienstleister und Lebenshelfer, ist spätestens seit dem Politskandal um die Treberhilfe und ihren Maserati-fahrenden Ex-Chef bestens geeignete Krimi-Szenerie. Alfred W. Schwarzmüller hat in diese Kulisse den früheren Polizisten und jetzigen Privatermittler Maurice Jäger gestellt. Der fährt einen alten Alfa Romeo – wenn ihm nicht das Geld für Benzin fehlt – und soll einen Mord klären. Auftraggeber: der „Verein für ein freies, friedliches und gerechtes Kreuzberg“ – ein Name, den man in Kreuzberg gut so finden könnte. Was erst aussieht wie eine messergestützte Auseinandersetzung zwischen Dealern, erweist sich als kompliziertes Schwerverbrechen mit linksradikalem Hintergrund – und es spricht sehr für Schwarzmüller, dass er Kreuzberg und die linke Geschichte mit Ironie und Zuneigung zu diesem Halb-Bezirk und seinen prototypischen, von irgendeinem Idealismus beseelten Bewohnern in Szene setzt. Alles stimmt an dieser Geschichte, die von der Demenzabteilung des Urban-Krankenhauses bis in die Bunkeranlagen unter dem Tempelhofer Flughafen führt.

Das Kolorit und der Hauptakteur lassen erkennen, dass Autor Schwarzmüller sein Kreuzberg kennt, dass er es mag – und dass er gern, ambitioniert und mit Sinn für die Hardcore-Autoren des Genres, James Ellroy zum Beispiel, darüber schreibt. Und wie das früher so üblich war, wenn Macho-Detektive mit interessanten Frauen zu tun hatten, lernt man auch noch ein paar neue schlimme Wörter.
Kreuzberg-Code. Krimi. Emons Verlag, Köln. 272 Seiten, 10,90 Euro.
Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.