
© Valentin Petri
„Die Russen hatten genauso viel Angst wie wir“: Wie der Krieg am Berliner Stadtrand zu Ende ging
In den letzten Kriegstagen ist Sybille Voormann fast zehn Jahre alt und will in die Hitlerjugend. Dann rückt die Rote Armee ein. Vom Leben zwischen Zusammenbruch und Neubeginn.
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Es ist Ende April 1945, die Rote Armee steht an der Berliner Stadtgrenze vor den Toren Frohnaus und Sybille Voormann freut sich auf ihren zehnten Geburtstag. Sie will in die „Hitlerjugend“. Am 28. April wird sie zehn und damit alt genug für den „Jungmädelbund“ sein. Doch da wird der Krieg in der Gartenstadt schon vorbei sein.
„Ich war ein Nazi. Und meine große Schwester war auch ein Nazi“, erzählt die heute 90-Jährige, die damals noch ihren Mädchennamen Neumann trug. „Wir haben das in der Schule so gelernt und haben die ganzen Durchhalteparolen gehört.“ Inzwischen lebt sie wieder in ihrem Elternhaus in der Nachbarschaft, in der sie auch die letzten Kriegstage verbracht hat. „Ich muss jetzt häufig darüber lachen, weil mir das alles damals so wichtig war und wir Kinder das auch so wichtig genommen haben.“
Am 20. April, Hitlers Geburtstag, hängte ihre große Schwester die Hakenkreuzfahne raus. „Meine Mutter wusste davon gar nichts und hat sie natürlich gleich wieder reingeholt“, sagt Sybille Voormann heute. „Ich finde das immer noch so absurd. Da knatterte es schon in Schildow, die Front war schon da.“ Noch am selben Tag trat sie auf dem Frohnauer Poloplatz an, um auf den „Führer“ vereidigt zu werden.
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