
© dpa/Bernd Weißbrod
Nach Praxisschließung in Berlin-Grünau: Bürger starten Petition für mehr Hausärzte
In den Außenbezirken Berlins sinkt der Versorgungsgrad mit Ärzten immer weiter, Praxen müssen wegen Fachkräftemangel schließen. In Grünau regt sich dagegen nun Protest.
Stand:
In Berlin ist die Versorgung mit Ärztinnen und Ärzten unausgeglichen: Während in den Bezirken Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf ausreichend Mediziner tätig sind, herrscht in Treptow-Köpenick Ärztemangel.
Bei den Hausärzten liegt der Versorgungsgrad hier derzeit bei ungefähr 90,3 Prozent. Das bedeutet, dass auf eine Allgemeinmedizinerin rund 2000 Patientinnen und Patienten kommen – im deutschlandweiten Durchschnitt sind es 1300 Menschen.
Um dem entgegenzuwirken, hat die Kassenärztliche Vereinigung (KV) im September eine selbst betriebene Hausarztpraxis im Ärztehaus des DRK-Krankenhauses an der Salvador-Allende-Straße 2 eröffnet.
Doch noch immer sind 42 freie Niederlassungsmöglichkeiten im Bezirk bislang unbesetzt geblieben. Wer nicht bereits zur Stammklientel einer Praxis gehört, hat es schwer, einen neuen Arzt zu finden – weil viele gar keine Neuzugänge mehr aufnehmen.
Das erfahren derzeit zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in Grünau, die nach der Schließung der Bermed Praxis in der Regattastraße – einer Praxis für Allgemeinmedizin und HNO – medizinisch gesehen auf der Straße stehen. Man habe wegen Fachkräftemangel schließen müssen, heißt es auf der Homepage.
Grünau wächst schnell, aber die Infrastruktur nicht
Karla Haller möchte diesen Missstand in ihrem Stadtteil nicht länger hinnehmen. Mitte Oktober startete sie die Petition mit dem Titel „Die ärztliche Grundversorgung in Berlin-Grünau muss dringend verbessert werden”, die bereits 800 Menschen unterschrieben haben.
„Es ist schmerzlich zu sehen, dass unser wachsender Ortsteil Grünau, in dem derzeit 9000 Menschen leben, mit nur drei allgemeinen Ärzten versorgt ist, die weniger als das notwendige Minimum anbieten”, schreibt sie.
Und hat eine klare Forderung: „Wir bitten unsere lokalen Behörden, die Kassenärztliche Vereinigung Berlin und die Politik, diesen Missstand dringend zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Ärzteversorgung in Grünau zu verbessern. Unsere Gemeinde verdient es besser, und es ist unser Recht, Zugang zu ausreichender medizinischer Grundversorgung zu haben.”
Gesundheitsamt sieht keinen Ärztemangel
Und was sagen die Behörden? Grünau sei gut versorgt, hatte das Gesundheitsamt Ende September auf Tagesspiegel-Nachfrage geantwortet. Auch nach Wegfall der Bermed-Praxis sei die Versorgung mit sechs Hausärzten noch gesichert, hieß es.
„Wie die Bürgerinnen und Bürger die Versorgungslage im Alltag tatsächlich erleben, ist jedoch eine von der reinen Statistik losgelöste Frage, die gesondert betrachtet werden muss”, hatte die Amtsleiterin damals hinzugefügt. Und zwischen Zahlen und persönlicher Wahrnehmung scheint derzeit eine große Lücke zu klaffen.
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