
© Julia Schmitz
Neue Nachbarschaften in Berlin-Köpenick: „Da treffen Welten aufeinander“
Ein Senatsprojekt will Geflüchtete und Einheimische im Allende-Viertel zusammenbringen. Dabei geht es auch um Vorurteile und eine aufgeladene Historie.
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Seit 2015 sind Tausende von Geflüchteten nach Berlin gekommen. Um sie unterzubringen, wurden zahlreiche Sammelunterkünfte im Stadtgebiet errichtet, auch in Treptow-Köpenick.
Wenn Menschen aus fremden Kulturen in bestehende Strukturen kommen, sind Konflikte oft nicht weit. 2017 hat die damalige Senatsverwaltung deshalb das Programm „BENN – Berlin Entwickelt Neue Nachbarschaften“ ins Leben gerufen. In der Nähe des Allende-Viertels in Köpenick gibt es eine dieser Anlaufstellen.
Lena Zeller hat soziale Arbeit studiert und gehört seit 2020 zu dem dreiköpfigen Team in der Pohlestraße. „Wenn viele Geflüchtete in eine etablierte Nachbarschaft gesetzt werden, geht es darum, dass alle Menschen sich kennenlernen, dass Vorurteile abgebaut werden, dass möglichst Begegnungen auf Augenhöhe entstehen und im Idealfall sich die Menschen auch wechselseitig unterstützen“, sagt sie.
Die rund 11.400 Menschen in der Großsiedlung Allende gehören teilweise noch zu den ersten, die in den 1970er-Jahren dort einzogen, viele von ihnen sind im Seniorenalter. Auch die Identifizierung mit dem Allende-Viertel sei eine ganz andere als bei den Geflüchteten, die zudem meist deutlich jünger seien. „Da treffen Welten aufeinander“, sagt Lena Zeller.
Es gehe darum, zwischen den Gruppen Gemeinsamkeiten zu finden. Am besten funktioniere das bei klassischen Angeboten wie Kochabenden oder der Arbeit im Gemeinschaftsgarten. Auch die offene Nähwerkstatt, die mit einer Gruppe Ukrainerinnen im Mehrgenerationengarten BUDE ins Leben gerufen wurde, kommt gut an. Darüber hinaus organisiert BENN mit verschiedenen Freizeiteinrichtungen und sozialen Trägern immer wieder Straßenfeste für die Nachbarschaft.
So schön das in der Theorie klingt, so hart ist aber oft die Realität: Es sei eine Herausforderung, mit dem gesellschaftlichen Klima umzugehen, mit dem Rechtsruck in der gesamten Gesellschaft und in Treptow-Köpenick.
„Politisch gesehen waren die letzten Jahre hier im Gebiet ruhig. Es gab aber, als die Containerunterkunft in der Alfred-Randt-Straße 2015 errichtet wurde, enormen Protest von rechts, mobilisiert durch die NPD; mit Fackelumzügen, großen Demos und Gegenprotest aus der Nachbarschaft“, sagt Lena Zeller.
Den Mut, Geflüchtete und Einheimische miteinander bekannt zu machen, lässt sich das BENN-Team trotzdem nicht nehmen. Dafür gibt es viel zu viel zu tun: Menschen beteiligen, stärken und vor allem miteinander vernetzen. Zum Beispiel, wenn es um Einsamkeit geht: Im November veranstaltete BENN dazu ein Nachbarschaftsforum, zu dem zahlreiche Menschen aus der Umgebung kamen. Aus dem Treffen ist ein Flyer entstanden, der alle Veranstaltungen rund um da Thema auflistet – und so Menschen, egal welcher Herkunft, zusammenbringt.
Dieser Text stammt aus dem Bezirksnewsletter für Treptow-Köpenick, der zu unserem digitalen Angebot Tagesspiegel Plus (T+) gehört – wie auch die Newsletter-Ausgaben aus den anderen elf Berliner Bezirken. Bestellbar unter diesem Link hier.
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