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Der Schlachtensee ist ein Idyll. Doch in der Badesaison kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Badenden, Spaziergängern, feiernden Jugendlichen, Hundehaltern und Radfahrern.

© Anett Kirchner

BVV Steglitz-Zehlendorf: Konzept zu Grunewald-Seengebiet: Sonderausschuss oder Workshop?

In der Sache sind sich die Bezirksverordneten einig: Für Schlachtensee, Krumme Lanke und Grunewaldsee muss ein Konzept her. Doch soll das in einem Sonderausschuss oder in vom Bezirksamt geleiteten Workshops entstehen?

Im ersten Moment wirkt es irritierend, wenn sich die SPD-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) mehr als ein Jahr lang für eine Sache einsetzt, zuletzt aber gegen den ursprünglich eigenen Antrag stimmt. So geschehen am Mittwoch in der März-Sitzung der BVV Steglitz-Zehlendorf. Was war passiert? In dem Antrag ging es um die künftige Entwicklung des Grunewald-Seengebietes mit Schlachtensee und Krumme Lanke. Dass ein Konzept erarbeitet werden muss, damit hier Erholung und Naturschutz gleichermaßen stattfinden können, darin waren sich alle BVV-Fraktionen einig. Dissens gab es indessen über die Herangehensweise.

Sonderausschuss oder Workshop? In dieser Frage waren die Fronten verhärtet. SPD, FDP und Linke wünschten sich einen Sonderausschuss der BVV mit 14 Mitgliedern. CDU und Grüne waren der Ansicht, Workshops - organisiert vom Bezirksamt in Zusammenarbeit mit der BVV, dem Senat und den Berliner Wasserbetrieben - seien besser geeignet.

SPD: Fehlender Glaube, dass Workshops funktionieren

"Es ist ein Trauerspiel, dass wir hier auf der Stelle treten", machte sich die SPD-Bezirksverordnete Ulrike Wöhning Luft. Es liege in der Verantwortung der BVV, das Konzept für die Entwicklung des Seengebietes zu erstellen. Ihr fehle der Glaube, dass das mit den Workshops funktioniere. Anstatt ständig irgendwelche Formulierungen in den Ausschüssen bis zur Unkenntlichkeit zu ändern und nur zu reden, sollten die Bezirksverordneten hier endlich etwas tun.

Ulrike Wöhning gehört zu den Initiatoren des Antrags mit dem Titel "Sonderausschuss für die Entwicklung und Pflege des Grunewald-Seengebietes einsetzen", der im September 2017 eingereicht wurde. Dem voraus ging ein "baugleicher" Antrag vom Dezember 2016. Dieser jedoch schaffte es - nachdem er in den Ausschüssen war - nicht wieder zurück auf die Tagesordnung der BVV. Ein Verfahrensfehler, behauptet die SPD-Fraktion, die den Antrag zurückgezogen hatte. Grund: "Der Antrag wurde regelrecht gekapert, in den Formulierungen umgedreht", sagte Volker Semler, der Fraktionsvorsitzende. Danach habe die SPD den Antrag zum zweiten Mal neu in die BVV eingebracht.

Antrag wurde zweimal "gekapert"

Mit dem gleichen unbefriedigenden Ergebnis - aus deren Sicht. Das Wort "Sonderausschuss" wurde aus dem Titel und dem Text entfernt und durch "Workshop" ersetzt. Auch die FDP-Fraktion will sich damit nicht abfinden. "Es ist ein Abwälzen, was Sie hier machen", betonte Rolf Breidenbach in Richtung CDU und Grüne. Er wies noch einmal darauf hin, dass es die Aufgabe der BVV sei, Verwaltungshandeln anzuregen. "Sie geben jedoch das Heft des Handelns aus der Hand und das finde ich traurig für eine BVV."

Auch die Linksfraktion nannte den geänderten Antrag eine "vertane Chance". Die Entwicklung der Seengebiete gehöre zu den wichtigsten Aufgaben des Bezirkes in den nächsten Jahren und dabei müssten die Bürger mit einbezogen werden, erläuterte Hans-Walter Krause von den Linken.

Nicht nur die Frage, wie das Seengebiet genutzt werden soll, muss diskutiert werden. Auch der Schutz der Natur muss gewährleistet werden.
Nicht nur die Frage, wie das Seengebiet genutzt werden soll, muss diskutiert werden. Auch der Schutz der Natur muss gewährleistet werden.

© Anett Kirchner

Schlichtes Kopfschütteln löste das in den Fraktionen von CDU und Grüne aus. Hans Jörg Henning von den Grünen verwies auf den Inhalt des geänderten Antrags. Darin stehe sinngemäß, dass Experten und Bürger hinzugezogen würden. Deren Informationen und Vorschläge sollen dann für die Erarbeitung des Konzeptes genutzt werden. "Ob das jetzt Sonderausschuss oder Workshop heißt, ist doch egal", stellte Henning klar. Man habe sich eben für eine Form von zwei möglichen entschieden. Das sei Demokratie. "Lassen Sie uns jetzt hier etwas Gutes zusammen entwickeln und dafür bitte ich um Ihre Zustimmung", warb er für den geänderten Antrag.

CDU: Man könne Bürger besser einbinden

Jens Kronhagel von der CDU-Fraktion ging da noch einen Schritt weiter und erläuterte die Vorteile eines Workshops. "Hiermit können wir die verschiedenen Interessengruppen, also auch die Bürger, viel besser integrieren", sagte er. In einem Ausschuss sei die Mitwirkung sehr begrenzt, weil die Verfahren dort sehr formalisiert seien. Mit einem Workshop könne man die Ideen für die Zukunft des Seengebietes auf eine viel breitere Grundlage stellen.

Mit zweifelnder Miene eilte Rolf Breidenbach (FDP) ein weiteres Mal zum Rednerpult und erinnerte an die "Erfahrungen mit dem Bezirksamt". Zum Beispiel bei der Arbeitsgemeinschaft Teltower Damm. "Fünf Jahre sind vergangen, ohne dass sich etwas getan hat", sagte er.

Seltenes Abstimmungsprocedere

Und Volker Semler (SPD) bestätigte, dass auch ihm das Vertrauen in das Bezirksamt fehle; etwa mit Blick auf die verlorenen Gerichtsverfahren zum "Hundeverbot". Semler entschied sich deshalb bei der Abstimmung für ein seltenes Procedere: Er beantragte, den Ursprungsantrag als Änderungsantrag in der BVV-Sitzung abstimmen zu lassen.

SPD, FDP, Linke und AfD stimmten für den ursprünglichen Antrag, CDU und Grüne dagegen. Ergebnis: 24 zu 24 Stimmen. Krankheitsbedingt fehlten am Mittwoch einige Bezirksverordnete, so dass die schwarz-grüne Zählgemeinschaft keine Mehrheit hatte. Bei Stimmengleichheit gilt laut BVV-Geschäftsordnung der Antrag als abgelehnt. Damit war der Tagesordnungspunkt aber nicht vom Tisch. Anschließend wurde der geänderte Antrag (also mit den Workshops) zur Wahl gestellt. CDU, Grüne, AfD stimmten dafür, SPD, FDP und Linke dagegen. Damit wurde dieser Antrag mit Mehrheit beschlossen.

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