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Der Kühlturm, der am Teltowkanal steht, wird später abgerissen.

© Anett Kirchner

Verzögerungen bei Neubau Heizkraftwerk Lichterfelde: Weißer Rauch über dem Teltowkanal

Lärmschutzauflagen und logistische Schwierigkeiten: Das Kraftwerk mit modernster Technik hätte eigentlich schon 2016 fertig sein sollen, jetzt wird es zum Beginn der nächsten Heizperiode an das Netz gehen. Ein Baustellenbesuch.

Zwar steigt in diesen Tagen auf dem Betriebsgelände von Vattenfall am Teltowkanal weißer Rauch auf. Gleichwohl ist es zu früh zu sagen: „Habemus ein neues Heizkraftwerk Lichterfelde“. Zunächst sollte die Neuanlage 2016 ans Netz gehen. Nachdem das aber um ein Jahr verschoben wurde, ist nach erneuten Verzögerungen jetzt die Inbetriebnahme für die Heizperiode 2018/2019 geplant, erklärt Projektleiter Stephan Helbig. Als Gründe für die Verzögerungen nennt er zwei Punkte: zum einen habe sich die Baustellenlogistik auf dem relativ kleinen Grundstück zu einer Herausforderung entwickelt und zum anderen schränkten die Auflagen zum Lärmschutz die Arbeitszeiten auf der Baustelle ein.

„Wir befinden uns in einem Wohngebiet, so dass wir nur tagsüber, von 7 bis 18 Uhr, maximal bis 20 Uhr arbeiten können“, sagt Helbig. Um die Anwohner zu schützen, seien zudem Bauverfahren eingesetzt worden, die eine möglichst geringe Lärmbelastung gewährleisteten. In Anbetracht der kleinen Grundstücksfläche habe man ferner die Komplexität der Anlage mit den vorgegebenen Rahmenbedingungen „nicht ausreichend auf dem Schirm gehabt“. Bestimmte parallele Arbeitsprozesse seien nicht möglich gewesen.

Projektleiter Stephan Helbig (rechts) und Olaf Weidner, Pressesprecher bei Vattenfall.
Projektleiter Stephan Helbig (rechts) und Olaf Weidner, Pressesprecher bei Vattenfall.

© Anett Kirchner

„Denn je mehr wir in die Höhe bauen, desto größer wird der Sicherheitsradius für die, die am Boden arbeiten“, erklärt der Projektleiter und nennt beispielhaft den 98 Meter hohen Schornstein auf dem Kesselhaus - fachlich korrekt Kamin genannt. Hierfür seien jeweils drei Meter breite Teilsegmente aus Stahlblech zuerst am Boden zu Bögen zusammengeschweißt und danach Stück für Stück übereinander gesetzt worden. In dieser Zeit waren in einem bestimmten Umkreis keine anderen Arbeiten am Boden möglich. Inzwischen ist der Kamin soweit fertig gestellt. Das Baugerüst steht allerdings noch, weil der Schornstein noch eine Isolierung mit Korrosionsschutz bekommt.

Rohr-Reinigung mit Wasserdampf

Die Technik des neuen Heizkraftwerkes sei bereits betriebsfähig. Was aber noch fehlt? Es müssen zum Beispiel die mehrere Kilometer langen Rohrleitungen gereinigt werden. Das geschieht im Moment und daraus erklärt sich auch der weiße Rauch. Es ist Wasserdampf, der aus Rohren neben den Kühltürmen in die Luft steigt. Denn beim Reinigen wird Wasserdampf mit Druck durch die Leitungen gepumpt, um sämtliche Partikel zu beseitigen.

Das ist notwendig, erklärt Stephan Helbig, weil Partikel sonst auf die Schaufeln der Turbine geraten und langfristig die Turbine beschädigen könnten. Insgesamt gibt es drei Rohrleitungskreisläufe - für Niederdruck, Mitteldruck und Hochdruck. Die Reinigung der Rohrleitungen dauert etwa drei bis fünf Wochen. Danach werden die provisorischen Leitungen, aus denen der Dampf aufsteigt, rückgebaut.

Wann die drei markanten Schornsteine des alten Heizkraftwerkes abgerissen werden, steht noch nicht fest.
Wann die drei markanten Schornsteine des alten Heizkraftwerkes abgerissen werden, steht noch nicht fest.

© Anett Kirchner

Parallel laufe derzeit die so genannte Anschlussprüfung. „Dabei vergleichen wir die Frequenz unserer Generatoren mit der des Stromnetzes Berlin“, schildert es Olaf Weidner, Pressesprecher bei Vattenfall. Wenn all diese Arbeitschritte erledigt sind, könne die Dampfturbine in Betrieb genommen werden. Block 1 des alten Heizkraftwerkes bleibe jedoch anfangs noch in Betriebsbereitschaft, solange, bis sicher sei, dass die neue Technik zuverlässig arbeite. Wann mit dem Rückbau des alten Heizkraftwerkes, und damit auch der drei markanten, fast 160 Meter hohen Schornsteine begonnen werde, könne man noch nicht sagen.

Das neue Heizkraftwerk in Lichterfelde soll künftig 230 Megawatt Fernwärme und 300 Megawatt Strom erzeugen. Dabei wird die sogenannte Gas-und-Dampfturbinen-Technik (GuD) eingesetzt. Das bedeutet, dass das Prinzip eines Gasturbinen- mit dem eines Dampfturbinenkraftwerkes kombiniert wird. Mit dieser Anlage können laut Vattenfall, im Vergleich zum bisherigen Heizkraftwerk, bis zu 170.000 Tonnen Kohlendioxid jährlich eingespart werden.

Strom und Wärme für 100.000 Haushalte

Ferner sei die GuD-Technik effizienter. „Bisher erreichen wir einen elektrischen Wirkungsgrad von etwa 37 Prozent, künftig wird er bei rund 54 Prozent liegen“, sagt Stephan Helbig. Die neue Anlage soll 100.000 Haushalte im Berliner Westen mit Strom und Wärme versorgen.

Die Kosten für den Neubau belaufen sich auf rund 500 Millionen Euro. Die Baumaßnahme wurde in mehrere Bauabschnitte geteilt. Auf Baufeld A direkt am Teltowkanal entstanden drei neue Heißwassererzeuger und eine Fernwärmepumpstation. Baubeginn war hier Sommer 2012. Seit Ende 2014 ist dieser Teil der Anlage bereits in Betrieb.

Vorne einer der Kühltürme, dahinter der 98 Meter hohe, im Moment noch eingerüstete Kamin des neuen Heizkraftwerkes.
Vorne einer der Kühltürme, dahinter der 98 Meter hohe, im Moment noch eingerüstete Kamin des neuen Heizkraftwerkes.

© Anett Kirchner

2014 erfolgte der Baustart der GuD-Anlage. Auf Baufeld B zwischen den Kühltürmen und dem Barnackufer entstanden Maschinen- und Kesselhäuser, in denen die Turbinen und Generatoren untergebracht sind. Zwei der drei Kühltürme wurden saniert und werden künftig für das neue Heizkraftwerk weiter genutzt. Der dritte wird abgerissen.

Für Anwohner und Interessierte, die sich über die Technik oder den Neubau noch informieren möchten, gibt es ein Besucherzentrum am Ostpreußendamm 61, das jeweils donnerstags von 12 bis 20 Uhr geöffnet ist.

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