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Berlin: Bezirksamt fordert nach Betrug neues Computerprogramm

Mitarbeiter können Daten bisher alleine löschen. Fall in Spandau führte 2002 zu mehr Kontrollen

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Das Bezirksamt Lichtenberg will es Betrügern in Zukunft schwerer machen. Nachdem eine frühere Sachbearbeiterin soll, wie berichtet, 750 000 Euro veruntreut haben soll, möchte sich der Bezirk nun um ein anderes Computerprogramm bemühen. Laut Anklage wies die Frau, die unter anderem für die Bewilligung von Sozialhilfe zuständig war, unberechtigte Auszahlungen an ihren Geliebten an. Sie aktivierte dazu offenbar alte Fälle im Computersystem Prosoz, das in vielen Berliner Sozialämtern benutzt wird. Ihr Geliebter soll dann mit einer vermutlich gefälschten Vollmacht im Sozialamt abkassiert haben. Um unerkannt zu bleiben, habe die Frau die Daten über diese Anweisungen danach gelöscht.

Christina Emmrich (Linkspartei/PDS), seit 2002 Bezirksbürgermeisterin von Lichtenberg, will sich nun für Änderungen im Computersystem einsetzen. In Zukunft müssten dann mindestens zwei Mitarbeiter das Löschen von Daten vornehmen. Da das Programm aber durch den Senat bereitgestellt wird, müsse sich die zuständige Senatssozialverwaltung um ein betrugssicheres System kümmern.

Bei Zahlungsanweisungen gelte allerdings schon jetzt das Vier-Augen-Prinzip, sagte Emmrich. Die angeklagte Ex-Mitarbeiterin habe deshalb Unterschriften von Kollegen fälschen müssen. Die Frau habe das Amt nur mit „erheblicher Energie“ derart betrügen können. Diese Tat sei ein Einzelfall, sagte Emmrich.

Schon 2002 war eine damals 46-jährige Sachbearbeiterin des Sozialamtes Spandau aufgeflogen, die innerhalb von fünf Jahren insgesamt 230 000 Euro auf ihr eigenes Konto und das ihres Freundes überwiesen hatte. Es handelte sich um Eingliederungshilfen und Pflegegelder für Behinderte. Der Fall war nur durch Zufall entdeckt worden. Geldsorgen nach einer Trennung hatten zu der ersten Tat geführt, und weil es mangels Kontrollen so leicht war, wurde daraus offenbar eine regelmäßige Zusatzeinnahme. Als „Klienten“ dienten Hilfeempfänger, deren Akten tatsächlich längst geschlossen waren. Erst ein Revisor, der eigentlich die Akten eines anderen Sachbearbeiters prüfte, stieß auf die fingierten Buchungen.

Begründet wurde der Fall vom Amt damals mit der hohen Arbeitsbelastung des Personals, die eine konsequente Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips nicht gewährleiste. Auch eine neues Computerprogramm der Sozialämter schließe Betrügereien nicht aus, hieß es damals. In Spandau wurden strengere Arbeitsrichtlinien erlassen. Der Fall sowie eine ebenfalls aufgeflogene Bestechung im Baubereich führten ferner zur Bildung einer Anti-Korruptions-Arbeitsgruppe unter der Leitung des Rechtsamtsleiters, die systematisch Kontrollen in allen relevanten Abteilungen des Bezirksamtes vornimmt. Gleichzeitig wurde ein Rechtsanwalt als neutraler Ombudsmann verpflichtet, der sowohl Verwaltungsmitarbeitern als auch Außenstehenden als Ansprechpartner für vertrauliche Informationen zur Verfügung steht.

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