
Buch zum Satiremagazin: Bierernst und wahnsinnig
Von Satiriker Bernhard Pöschla gibt’s jetzt ein Buch: ein Best-of seines Onlinemagazins „Der Kojote“. Der Autor betreibt es als Feierabend-Projekt, wobei Begabung auf angelerntes Handwerk trifft.
Das Buch kam mit einem Brief vom Verlag. „Ich habe mir erlaubt, für Sie im vorliegenden Buch besonders witzige Stellen zu markieren“, schreibt die Pressefrau darin. Nur findet sich auf den 176 Seiten keine einzige Markierung. Sehr witzig.
Man kann das allerdings auch als Kompliment für den Autor Bernhard Pöschla auffassen. Denn sein Werk „Spargelkult offiziell als Religion anerkannt“ ist zwar thematisch bunt, aber dabei insgesamt auf erstaunlich hohem Niveau. Wenn Satire eine Waffe ist, dann gehört Pöschla zu den besten Scharfschützen des Landes. Ende 2010 ist der hauptberufliche Verwaltungsmensch aus Schmargendorf mit seinem Onlinemagazin „Der Kojote“ gestartet. Ein Feierabendprojekt, für das der 48-Jährige mehrmals pro Woche einen neuen Text schreibt. Zum Beispiel den über den Spargel, über den der imaginäre „Beelitzer Erdbischof“ sagt, dass sich zu ihm in Deutschland mehr Menschen bekennen als zum Christentum.
Das jetzt erschienene Buch ist ein Best-of mit etwas Bonusmaterial. Auf jeder Seite eine Meldung im Agenturstil. Eine handelt von einem Völkerrechtsprofessor, der bei „Beckmann“ noch vor Beginn der Aufzeichnung auf Nimmerwiedersehen in einer gigantischen Zigarettenrauchwolke des neben ihm sitzenden Altbundeskanzlers Helmut Schmidt verschwunden sei. In einer anderen wird von einem Radfahrer berichtet, der angeblich vor einer roten Ampel gehalten habe. Das Youtube-Video sei schon vier Millionen Mal angeklickt worden; allerdings bezweifelten viele Kommentatoren seine Echtheit. Und in einem „vorwiegend von Ornithologen besuchten Lokal in der Paderborner Innenstadt ist gestern Abend ein Streit unter Gästen eskaliert“: Einer habe dem anderen einen Vogel gezeigt, dieser ihn als Nestbeschmutzer beschimpft, woraufhin der andere mit einem angespitzten Hirsekolben …, bis die alarmierte Polizei Krähenfüße auf den Boden gestreut habe, um die Auseinandersetzung zu beenden. Ein Beteiligter habe „ein Hühnerauge erlitten und musste ins Krankenhaus geflogen werden“.
Der Kontrast aus inhaltlichem Wahnsinn und bierernstem Ton zieht sich durch all diese Geschichtchen. Andere leben davon, dass Pöschla die täglichen Nachrichten einfach gegen den Strich bürstet oder in Gedanken noch einmal mehr wendet und dadurch quasi von den Füßen auf den Kopf stellt: „Kleinster Kürbis Deutschlands von Fliege verschlungen“, ist ein ebensolcher Fall wie die Geschichte von den politisch motivierten Bahnbrandstiftern, deren Fluchtfahrzeug von Autobrandstiftern angezündet wurde. Die S-Bahn scheint Pöschlas Fantasie besonders zu beflügeln: Wenn im Winter wieder mal nichts geht, lässt er beispielsweise einen Unternehmenssprecher die Fahrgäste kritisieren, die leichtfertig in Eiseskälte auf den Bahnhöfen herumstehen und damit nicht nur sich selbst gefährden, sondern auch die planmäßigen winterlichen Betriebsstörungen behindern.
Zwar sind solche Gags tagesaktuell am schönsten, aber in Buchform taugen sie als Zeitdokument: Meldungen wie die vom Tod des letzten Urberliners in Prenzlauer Berg wird man auch in einigen Jahren noch verstehen. Und die zwischendurch eingestreuten Kalauer-Schlagzeilen wie „Toller Service: Straßenreiniger kehrt Passanten den Rücken“ gehen sowieso immer. Man kann sich wahlweise über den Gag selbst freuen oder über den scharfen Verstand des Autors, der in seinem Hobby übrigens vorhandene Begabung mit angelerntem Handwerk kombiniert. Und nur veröffentlicht, was bei seiner Frau die Qualitätskontrolle bestanden hat.
Die Satireseite online: www.kojote-magazin.de. Das Buch ist im Verlag Blanvalet erschienen und kostet 8,99 Euro.