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Aktueller denn je. In der Pandemie lindern Anrufe die Einsamkeit.

© Kitty Kleist-Heinrich

Wenn der Gesprächspartner kein Ende findet: Bleierne Telefonleitung

Einmal in der Woche fragen Sie Elisabeth Binder, wie man mit komplizierten Situationen so umgeht, dass es keine Verstimmungen gibt: So kann's gehen.

Stand:

Wie lange dürfen Telefongespräche dauern? Im Moment telefoniere ich öfter mit Freunden, aber auch mal mit Bekannten, die schon älter sind und nach meinem Eindruck unter der derzeitigen Situation besonders leiden. Allerdings ziehen sich die Telefonate oft über eine Stunde in die Länge. Das ist mir eigentlich zu viel. Andererseits habe ich den Eindruck, dass es unhöflich ist, ein Gespräch bereits nach 15 Minuten zu beenden.

Patrick, hilfsbereit

Dass sich die Gespräche so hinziehen, ist zunächst einmal ein gutes Zeichen. Nicht nur Ältere fühlen sich gerade jetzt einsam und freuen sich über jede Abwechslung. Sie tun da also ein gutes Werk. Zwar gibt es auch spezialisierte Hilfsdienste. Aber es ist schöner, wenn man wieder mit alten Bekannten in Kontakt kommt. Zwingen Sie sich aber nicht dazu. Greifen Sie nur zum Hörer, wenn Sie gerade wirklich entspannt sind. Ihre Anrufe werden vielleicht ersehnt, aber nicht unbedingt erwartet. Es gibt für Sie keinen Grund, sich in irgendeiner Weise unter Leistungsdruck zu setzen, auch nicht dann, wenn die Leistung darin besteht, etwas Gutes zu tun.

Zeitlimit ankündigen

Wenn Sie schon wissen, dass Sie an einem bestimmten Tag nicht sehr viel Zeit aufwenden, sich aber dennoch melden möchten, dann spricht nichts dagegen, das gleich am Anfang des Gesprächs deutlich zu machen. Manchmal ziehen sich Gespräche auch hin, weil keiner der Teilnehmer sich traut, zuerst zum Ende zu kommen, um den jeweils anderen nicht zu enttäuschen. Ihre Telefonpartner wissen ja nicht, dass Sie aus Mitgefühl anrufen, und Sie lassen sie das hoffentlich auch nicht spüren. Sagen Sie gleich, dass Sie nur zehn oder zwanzig Minuten haben, bevor Sie sich wieder einer anderen Verpflichtung widmen müssen, sind die Verhältnisse klar.

[Bitte schicken Sie Ihre Fragen mit der Post (Der Tagesspiegel, „Immer wieder sonntags“, 10876 Berlin) oder mailen Sie diese an:

meinefrage@tagesspiegel.de]

Eingebildete Verpflichtung

Erzählen Sie einfach von anderen Aktivitäten, egal, ob die ihnen konkret im Nacken sitzen oder nicht. Unter Umständen fühlen sich die Angerufenen auch befreit von der eingebildeten Verpflichtung, aus Dankbarkeit für den Anruf möglichst lange reden zu müssen. Und auf diese Weise gewinnen Sie vielleicht sogar Kapazitäten für noch mehr alte Bekannte.

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