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Berlin: Bloß keinen Krach mit den Nachbarn

Berliner Mischung: Auf der einen Seite ein populärer Club, auf der anderen Seite moderne Neubauten. Ob das gut geht an der Columbia-Halle?

Vielleicht geht es ja diesmal tatsächlich gut, zumindest wirken alle Beteiligten darum bemüht. Dabei wirkt das Szenario fast schon vertraut.

Auf der einen Seite steht ein stadtbekannter Veranstaltungsort, seit 14 Jahren finden in C-Club und -Halle, der früheren Columbiahalle, Konzerte statt.

Auf der anderen Seite entstehen derzeit in unmittelbarer Nähe 220 Eigentumswohnungen und 21 Gewerbeeinheiten, die Bauarbeiten laufen auf Hochtouren. Im Juli sollen in den sechsgeschossigen Neubaukomplex, der die Konzerthallen zwischen Columbiadamm, Schwiebusser Straße und Friesenstraße L-förmig umschließt, die Mieter einziehen.

Werden sich auch diese dann über zu laute Musik und den Lärm beschweren? Und droht damit nach der Schließung von Icon und Knaack eine weitere Fortsetzung des Clubsterbens in Berlin?

Norbert Döpp-Veidt gibt sich ganz diplomatisch: „Ich bin zuversichtlich, dass eine vernünftige, gemeinsame Lösung gefunden wurde“, sagt der Geschäftsführer der C-Halle. Von Beginn an sei er in die Planung involviert gewesen. 15 Treffen haben mit den neuen Eigentümern und mit Vertretern des Bezirksamtes Tempelhof-Schöneberg stattgefunden, so Döpp-Veidt. „Nach einem ausführlichen Lärmschutzgutachten hat jede Partei Auflagen erhalten.“ 350 000 Euro kosten die neue Lüftungsanlage, neue doppelwandige Entlüftungsklappen, um die Emission von Bässen zu minimieren sowie der Bau einer Ladehalle für LKW.

Bisher wurde das Bühnenequipment nach einem Konzert oft nicht gerade leise auf dem Hof aufgeladen. „Gegen mögliche Lärmbelastung durch an- und abreisende Besucher können wir allerdings nicht viel tun. Die meisten Gäste kommen zum Glück mit der U-Bahn und nicht mit dem Auto“, so Döpp-Veidt. 3500 Besucher passen in die C-Halle, 800 in den Club.

Trotz des von Beginn an guten Einvernehmens ist Döpp-Veidt lieber auf Nummer sicher gegangen und hat gegen jede Baumaßnahme rund um C-Halle und -Club – einst Sporthalle und Kino der US-Luftwaffentruppen – erst einmal Widerspruch eingelegt. „Wir wollten so sicherstellen, dass die Gegenseite ihrerseits alle Lärmschutzauflagen erfüllt.“ Dazu gehört vor allem eine zehn Meter hohe Lärmschutzwand, kombiniert mit Gewerbeeinheiten. Sie soll das Konzertareal und das zukünftige „Stadtquartier Friesenstraße“ voneinander trennen und ist vier Meter höher als die C-Halle. Damit die Bewohner der unteren Neubauetagen aus dem Fenster nicht direkt auf diese Mauer schauen, wird ein stellenweise 40 Meter breiter Quartierspark angelegt.

„Es ist uns als alteingesessenen Kreuzbergern sehr wichtig, niemanden zu vertreiben“, sagt Barbara Rolfes-Poneß von der Projektentwicklungsgesellschaft Stadtquartier Friesenstraße. Diese hat das 18 000 Quadratmeter große, zuvor kleingewerblich genutzte Gelände von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben erworben, in 15 Einheiten parzelliert und an Baugemeinschaften, Bauträger und eine Genossenschaft weiterverkauft. Es habe sogar Überlegungen gegeben, die neuen Bewohner vertraglich zu verpflichten, zukünftig nicht gegen die C-Halle zu klagen. Doch das sei juristisch nicht machbar, so Rolfes-Poneß. „Aber 80 Prozent der zukünftigen Bewohner kommen aus dem Kiez. Sie wissen genau, wo sie einziehen und schätzen die C-Halle als Kulturstandort.“

Um die neuen Eigentumswohnungen zu verkaufen, sei keine Hochglanzbroschüre aufgelegt oder eine schicke Homepage geschaltet worden. Der Verkauf sei überwiegend über Mund-zu-Mund-Propaganda in Schulen, Kitas und Sportvereinen gelaufen. „Die Nachfrage gerade von Familien aus Kreuzberg war riesig“, sagt Rolfes-Poneß. Da scheine bei vielen ein starkes Sicherheitsbedürfnis mitzuspielen – zu möglichst moderaten Preisen Eigentum im eigenen Kiez zu erwerben, bevor man selbst verdrängt werde.

Während Döpp-Veidt und auch auch der Geschäftsführer des C-Clubs, Thomas Spindler, recht optimistisch in die Zukunft blicken, ist der Betreiber des schräg gegenüberliegenden Clubs Silverwings auf dem Tempelhofer Flughafengelände eher besorgt. „Unsere Gäste gehen nicht in Pantoffeln nach Hause. Da muss nur mal der Wind falsch stehen oder jemand eine Flasche fallen lassen“, befürchtet Harmen de Keijzer. Seit 1998 betreibt er den einstigen Offiziersclub der amerikanischen Luftwaffe, in dem in den siebziger Jahren sogar mal Johnny Cash aufgetreten ist. Noch nie, sagt de Keijzer, habe er es in 13 Jahren mit einer Anzeige wegen Lärmbelästigung zu tun bekommen.

 Eva Kalwa

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